Bildergalerie von Nikoline Hansen
Vom 25. Mai bis 3. Juni 2010 reiste eine 35-köpfige Reisegruppe von Mitgliedern und Freunden der DIG und Potsdam unter Leitung von Meggie Jahn nach Israel, darunter auch Interessierte, die das erste Mal im Lande waren. Die jüngste Teilnehmerin war 22 Jahre jung, die älteste 75. Auch die mittlere Generation war diesmal gut vertreten. Ost- und Westberliner hatten während der Reise Gelegenheit zu einem Erfahrungsaustausch über ihre unterschiedlichen Israel-Bilder. Aufgrund der großen Nachfrage in diesem Jahr fand unter Leitung von Jochen Feilcke vom 20. bis 26. Mai 2010 und mit rund 20 Teilnehmern eine zweite DIG-Reise statt (s. gesonderter Bericht im Anschluss).
Unser Programm bot erneut eine Mischung aus spannenden persönlichen Begegnungen und touristischen Highlights. In bewährter Tradition war Yaron Abramov aus Jerusalem unser Guide.
Der in Berlin bekannte israelische Journalist und Publizist Dr. Gil Yaron, Betreiber der Website „Making the Middle East understandable“, sowie Gregory Bledjian, Erster Sekretär der politischen Abteilung an der Deutschen Botschaft in Tel Aviv, gaben der Gruppe zunächst einen Einblick in die schwierige politische Lage vor Ort. Beide waren sich einig, dass der Iran heute direkt oder indirekt – als Förderer des Terrorismus – die größte Gefahr für Israel darstelle.
Die Begegnungen mit Miriam Weissenstein, Witwe des Fotografen Rudi Weissenstein, in Tel Aviv und mit dem Pressefotografen David Rubinger in Jerusalem lieferten den großen Rahmen der Reise. Mit der 97-jährigen Fotografin Miriam Weissenstein, geboren in einem Vorort von Prag, hatten wir uns in ihrem Fotoladen „Zalmanya PRIOR“ im Zentrum Tel Avivs verabredet. Mit dabei: ihr Enkel Ben Peter und Andreas Grau-Fuchs, Kurator der Ausstellung über Rudi Weissenstein, die im Frühjahr in Frankfurt eröffnet wurde und zur Zeit durch Deutschland tourt. In Berlin wollen wir mit dabei sein. Miriams mädchenhafter Charme und ihr unermüdliches Engagement für das Vermächtnis ihres Mannes Rudi zog uns in ihren Bann.
David Rubinger, 1924 in Wien geboren und mit nicht weniger Charme der KuK-Monarchie ausgestattet wie Miriam, war früh vor den Nazis nach Palästina geflohen und hielt die Entwicklung des israelischen Staates fotografisch fest. Erst jüngst erschien sein Bildband „Israel durch mein Objektiv – Sechzig Jahre als Fotojournalist“ in Deutsch. Weissenstein, der verstorbene Dan Goldman und David Rubinger – alle drei haben die staatliche und politische Entwicklung Israels festgehalten. Während Miriams Mann Rudi (der 1992 verstarb) als einziger „offizieller“ Fotograf die Gründungszeremonie am 14. Mai 1948 in Tel Aviv fotografieren durfte, dokumentierte Rubinger die soziale und politische Entwicklung des Staates nach der Gründung. Und dies nur, weil ihm seine damalige Freundin Claudette beim Abschied in Paris eine „Argus“ geschenkt hatte. Rubinger war es auch, der 1998 auf dem Dachboden der Tochter mit dem unvergeßlichen Namen Medina seines verstorbenen Kollegen Paul (Dan) Goldman dessen Schwarz-Weiß-Fotos gefunden hatte. Dort zu sehen sind nicht nur der kopfstehende David Ben Gurion am Strand von Tel Aviv, sondern auch der Gründungsakt des Staates Israel. Wir wissen also heute: Es gab doch zwei Fotografen, die die Staatsgründung Israels dokumentierten.
Angesichts der Diskussion um den Umgang mit dem Holocaust in der israelischen Gesellschaft, aber auch in Deutschland, sollte dies ein weiterer Schwerpunkt der Reise sein. Hier wie dort stellt sich die Frage, wie man mehr als 65 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg der jungen Generation – darunter Kinder mit einem anderen kulturellen Hintergrund – das Thema vermitteln kann und ob der Holocaust inIsrael nicht auch politisch mißbraucht wird, um die eigene Politik zu rechtfertigen. Diese Fragen diskutierten wir in der Forschungs- und Bildungsstätte Massua und im Kibbutz der Ghetto-Kämpfer Lohamei Hagetaot nahe Haifa. Das dortige Kinderdenkmal Yad haYeled ist weithin sichtbar. Auch arabische Israelis finden den Weg dorthin, da sie vor allem im Norden Galiläas zuhause sind. Wie kann man ihnen die Bedeutung der Shoah vermitteln? Sicher ist, dass der Holocaust für jüdische Israelis, seien sie aus Europa oder aus den arabischen Ländern, Teil ihrer Identität ist. Die Shoah sei ein „Gesellschaftstrauma, vor allem solange noch Überlebende unter uns sind“, so Tanja Ronen, pädagogische Leiterin von Lohamei Hagetaot. Aber auch die zweite Generation sei traumatisiert, sie selbst Kind eines Überlebenden. Durch jeden neuen Krieg werde für Juden das Trauma des Holocaust wieder wach, für sie selbst sei das Heulen der Sirene am Holocaust-Gedenktag Yom HaShoa, bei dem jeder Israeli einige Minuten inne hält, kaum zu ertragen. Dennoch bemühe man sich in der Gedenkstätte darum, das durch die historische Erfahrung geprägte Bild des „Die ganze Welt ist gegen uns“ aufzubrechen und gerade Jugendlichen Gelegenheit zu geben, sich auf einer Alltagsebene zu begegnen. In Studientagen und Workshops mit Jugendlichen unterschiedlichen religiösen und ethnischen Hintergrunds versuche man einen „Dialog über persönliches Leid“ in Gang setzen, über die Individualisierung der Millionen von Opfern Möglichkeiten des Mitfühlens, Mitmachens und des Engagements zu schaffen. Es ginge nicht darum, ein Leid gegen das andere aufzuwiegen, sondern aus der Leiderfahrung universelle Werte wie Freiheit, Toleranz und gegenseitigen Respekt achten zu lernen. Zudem sei das Konzept von Lohamei Hagetaot, Kindern und Jugendlichen Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu machen, da – dank des Muts und der Zivilcourage einiger weniger – das Judentum nicht vernichtet wurde und mit Gründung des Staates Israel eine neue Perspektive erwuchs.
Angesprochen auf das Buch von Avraham Burg „Hitler besiegen“ und die Äußerungen von Iris Hefetz in der TAZ zeigte Tanja Ronen Verständnis für die aufgeworfenen Fragen, kritisierte aber bei Hefetz den scharfen Ton und die fehlende Sensibilität der Wirkung ihrer Worte auf die Überlebenden. Der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem war vor allem für diejenigen, die noch nie dort gewesen waren, ein wichtiger Abschlusspunkt unserer Diskussionen.
Ein Stück vorstaatliche Geschichte, aber vor allem modernes Israel bot unser Besuch im Technion in Haifa. Beispielhaft findet sich hier wie an anderen israelischen Universitäten eine enge Verzahnung zwischen Wissenschaft, Forschung und Industrie (R&D) – eine Verbindung, die Israels Hochschulen international nicht nur in der Biotechnologie, sondern auch im High-Tech-Bereich ein hohes Ranking verschafft hat. Beklagt wurde allerdings der Verlust vieler Hochschulabsolventen an die USA und Europa, weil die Verdienstmöglichkeiten dort größer seien als in Israel. Der Architekturstudent Yosef Abkin führte uns am Ende unseres Besuchs über den künstlerisch und emotional ansprechenden Campus, auf dem sich auch eine Säule des spanischen Star-Architekten Santiago Calatrava findet.
Wie immer war die Fahrt auf den Golan ein besonderes Erlebnis, diesmal nochmals gesteigert durch die Begleitung von Arik Beckenstein, General im Ruhestand. Arik und Yaron, der ebenfalls auf dem Golan gekämpft hatte, erläuterten uns aus ganz persönlicher Sicht die schwierigen Tage in einer der am härtesten umkämpften Regionen während des Sechs-Tage-Krieges 1967 und im Yom Kippur-Krieg 1973. Bei unserer Rückkehr am Abend konnten wir nachvollziehen, warum sich zwar viele Israelis vorstellen können, die Westbank zurück zu geben, Rechte wie Linke sich aber schwer tun, an eine Räumung des 1981 annektierten Golan auch nur zu denken. Dies nicht nur, weil dort heute rund 17 000 Israelis leben, ein Paradies von Olivenhainen und Weinbergen entstanden ist (das während unseres Besuchs durch den Brand in Ramla erheblich gelitten hatte), sondern in erster Linie aus Sicherheitsgründen. Für mich war neu, dass zahlreiche Angebote von Seiten der israelischen Regierung an Syrien, die darauf abzielten, den Sechs-Tage-Krieg zu vermeiden, damals ungehört geblieben waren.
Auf dem Weg vom Norden entlang des Toten Meeres nach Jerusalem machten wir einen Abstecher zum Kibbutz Ashdod Jaacov. Dort ist Orna Schimoni dabei, mit dem „Beit Eyal“einen Ort der Begegnung für Familien zu schaffen, die – wie sie – im Libanon-Krieg einen Sohn verloren haben. Schon heute können im dortigen Fitness-Center und Schwimmbad Behinderte und ihre Familien Sport treiben und ihre Grenzen testen – ein Weg um ihnen neues Selbstbewußtsein zu geben, ähnlich wie dies von der Organisation Etgarim versucht wird. Wenige Meter vom Beit Eyal entfernt – in Naharayim – pflegt und behütet Orna die Gräber von sieben israelischen Mädchen. Nach der Euphorie um den Friedensvertrag mit Jordanien 1994 war am Grenzübergang nach Jordanien gegenüber dem alten Wasserkraftwerk Rutenberg eine Aussichtsplattform entstanden, wo sich israelische und jordanische Schulklassen treffen konnten. Am 13. März 1997 begleitete Orna die Schulklasse ihrer Enkeltochter, denn ihr Ziel war es, in der Nähe einen Friedenspark einzurichten. Doch der Traum wurde zum Trauma, als ein jordanischer Grenzpolizist völlig überraschend das Feuer auf die Schulklasse eröffnete. Vor Ornas Augen spielte sich ein Blutbad ab, das sie für ihr Leben geprägt hat. Auch das ist Realität im Nahen Osten.
Erhellend und beunruhigend war das Treffen mit der Theologin Dr. Petra Heldt auf dem Zionsberg, die auch einen Lehrauftrag an der Hebrew University in Jerusalem hat. Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande, das vom Bundespräsidenten verliehen wird, zeichnete sie ein eher düsteres Bild von der wachsenden Zurückdrängung der Christen im Heiligen Land. Sie beobachtet seit geraumer Zeit, dass Christen im Nahen Osten, aber auch kirchliche Institutionen und deren Vertreter in Israel heute zunehmend bereit seien, sich der Mehrheit der Muslime zu fügen, nur um in Frieden und ohne Angst leben zu können.
Der britisch-walisische Autor Matt Beynon Rees zeigte sich hoch erfreut, der Gruppe mit Omar Yussuf den ersten palästinensischen Detektiv der Kriminalgeschichte vorstellen zu dürfen. Nachdem er viele Jahre als Journalist für Time Magazine und Newsweek in der Westbank und in Gaza gearbeitet hatte, meint er heute, die Realität der palästinensischen Gesellschaft besser im Roman abbilden zu können. Trotz Fiktion besteht er darauf, dass hier erlebte Realität verarbeitet wurde. In seinen Kriminalromanen fährt er zu Hochform auf. Seine Bücher „Der Verräter von Bethlehem„, „Ein Grab in Gaza“ und „Der Tote von Nablus“ seien auch an dieser Stelle wärmstens zur Lektüre empfohlen.
Dem Knesset-Abgeordneten Nitzan Horowitz und seinem politischen Berater Shay Even ist zu danken, dass wir einen Blick in das Zentrum der israelischen Demokratie werfen und den 2008 entstandenen neuen Teil der Knesset kennen lernen konnten. Wir erfuhren vom Horowitzschen Engagement für die Rechte der Minderheiten in Israel. Am Tag des Besuchs richtete er in der Knesset gerade eine Konferenz für die Rechte der Schwulen aus, wovon er sich mehr Öffentlichkeit für das Anliegen erhoffte. Daneben setzt sich Horowitz für Gastarbeiter vor allem aus Asien und Immigranten aus Afrika ein, die in letzter Zeit in großer Zahl über die Grenze des Sinai nach Israel kämen. Langfristig müsse hier auch Europa helfen. Das größte Problem für Israel aber sieht er in der demografischen Entwicklung der israelischen Gesellschaft, da die orthodoxen Juden neben den Arabern die meisten Kinder hätten. Damit steige die Gefahr, dass die säkulare Gesellschaft zunehmend unter Druck gerate. Unvergesslich für die Gruppe aber war der Gobelin von Marc Chagall in der Lobby der Knesset, der die Geschichte des jüdischen Volkes wiedergibt. Bei dessen Enthüllung hatte der russische Maler der damaligen Premierministerin Golda Meir zugeflüstert: „ Nu se gefelte Dir Golde?“ (Nun, gefällt es Dir, Golda?). Diesen Moment hatte David Rubinger in einem Foto verewigt, was wir später zu sehen bekamen.
Ein spannendes Erlebnis war auch der Besuch im Hadassah-Krankenhaus in Ein Kerem (der andere Teil befindet sich auf dem Mount Skopus), bei dem wir viel über die gute Zusammenarbeit zwischen jüdischen und arabischen Ärzten erfuhren. Wir hörten auch von Patienten, die sich inkognito dort behandeln lassen, da ihre Länder Israel bis heute nicht diplomatisch anerkannt haben. Anna Agmon, geboren in Köln und seit vielen Jahren für Hadassah International tätig, berichtete vom Fall eines Libanesen, der – schwer verwundet – von den eigenen „Kameraden“ im Libanon-Krieg 2006 auf der libanesischen Seite zurück gelassen worden war. Israelische Soldaten hatten ihn unter Lebensgefahr geborgen und in die Hadassah-Klinik gebracht, wo er insgesamt acht Monate lang gesund gepflegt wurde. Eines Tages, so Anna, seien an der Pforte des Krankenhauses, über einen Mittelsmann 10 Euro für das Krankenhaus abgegeben worden, was zunächst größte Verwunderung auslöste. Tatsächlich sollte das Geld die erste Anzahlung für seine damals entstandenen Behandlungskosten sein. Der frühere Patient wollte etwas von dem zurückgeben, was er an Hilfe erfahren hatte. Bis heute rühre sie diese Geschichte zu Tränen, sagte Anna, was wir gut verstehen konnten. Dank internationaler Spenden gibt es im Hadassah-Krankenhaus tatsächlich einen Hilfsfonds, aus dem solche Kosten getragen werden könnten. Ähnlich ging es einem Palästinenser, den die Hamas nicht behandeln lassen wollte. Es komme vor, so Anna, dass in der gleichen Trauma-Abteilung der Hadassah Terrorist und Terroropfer behandelt würden, wobei der schwerer Verletzte laut Ärzte-Ethos zuerst behandelt werden müsse. Immerhin sei Hadassa International schon einmal für den Nobelpreis nominiert worden, darauf sei man schon sehr stolz. Im Anschluss an unser Gespräch zeigte uns Anna das Trauma-Center, in dem Patienten nach Terroranschlägen behandelt werden (so auch Petra Heldt nach einem Anschlag auf dem Markt in Jerusalem 1997), die Kinderabteilung, wo uns ein Clown freundlich begrüßte, sowie die Notfallstation. Just im Moment unseres Besuchs liefen die Mobiltelefone heiß, denn es wurden fünf Verletzte von der „Mavi Marmaris“ – Teil der sog. Gaza-Flotille mit angeblichen Friedensaktivisten angekündigt. Inzwischen wissen wir, dass Islamisten die Aktion instrumentalistiert hatten. Beim Verlassen des Gebäudes hörten wir die Hubschrauber auf dem anliegenden Flugplatz landen. Einige von uns konnten ihrer Neugier nicht widerstehen und machten sich selbst ein Bild. Anna verabschiedete sich mit den prophetischen Worten „Das wird uns wieder viele neue Feinde machen.“ Wie recht sie doch hatte.
Der israelische Militäreinsatz auf der Mavi Marmaris sollte uns auch am Abend im Gespräch mit Gad Lior, Leiter des Büros von Yedioth Acharonot in Jerusalem, der größten israelischen Tageszeitung, und Ari Rath, langjähriger Chefredakteur der „Jerusalem Post“, begleiten. Im Büro eigentlich unabkömmlich, war Gad – ein alter Freund aus Zeiten des DIG-Jugendforums – nur unter größten Mühen erschienen und beklagte mit innerer Erregung die internationale Kritik, die sein Land nach dem Militäreinsatz einstecken musste. Sie stehe in keinem Verhältnis zu der Empörung über andere weltpolitische Ereignisse. Gad erwähnte auch die problematische Rolle der Türkei – einerseits noch immer Israels strategischer Verbündeter, andererseits Heimat der türkischen Soldaten an Bord des Schiffes, sowie erst in Istanbul zugestiegener Islamisten, wie heute bekannt. Ari Rath, inzwischen 86 und (k)ein bißchen weise, gelang es mit seinem sprichwörtlichen Wiener Charme, die Emotionen zu glätten, seinerseits aber auch Kritik an der „dilettantischen Ausführung“ der Militäraktion anzubringen, ohne dabei aber deren sachliche Berechtigung in Frage zu stellen.
Die Führung mit Ir Amim (Stadt der Nationen, Stadt der Völker) entlang des Sicherheitszauns/der Mauer mit Eitan Katz – auch er ein „Jecke“ (deutschsprachiger Einwanderer) – hat uns noch lange beschäftigt. Eitan verschwieg die schwierige Lage für die Palästinenser durch den Verlauf der Mauer nicht, machte aber deutlich, dass der Trennungszaun nach grausamen Terroranschlägen in Israel Sicherheitserwägungen geschuldet sei und die Anschläge heute gegen Null tendierten. Dennoch seien die Folgen für die Palästinenser so gering wie möglich zu halten. Ir Amim habe vor dem Obersten Gerichtshof in Jerusalem die Rechte betroffener Bauern aus Bethlehem eingeklagt, so dass sie ihre Olivenbäume ernten und weiter ihren Lebensunterhalt verdienen könnten. Neben Ost-Talpiot zeigte uns Eitan auch fünf von insgesamt 88 arabischen Häusern, die ohne Baugenehmigung entlang einer archäologischen Landstrecke um Silvan errichtet worden waren und nun ohne Kanalisation und Elektrizität auskommen müssten. Zur Zeit werde darüber beraten, ob die Häuser stehen bleiben dürften oder abgerissen werden müßten. Eitan verabschiedete sich mit einem Gedicht des israelischen Dichters Jehuda Amichai und man konnte förmlich spüren, wie innerlich zerrissen er sich manchmal fühlen muss.
Nachzutragen bleibt die herzliche Begegnung mit Antje Naujoks in Neve Hanna bei Kiryat Gat, wo wir mit einem wunderbaren kalt-warmen Mittagsbüfett empfangen wurden und viel darüber lernen konnten, was mit exzellenter pädagogischer Arbeit und liebevoller Zuwendung für Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen erreicht werden kann. Ziel aller Helfer ist es, aus den dort lebenden oder betreuten Kindern trotz ihrer schlechten Startschwierigkeiten selbständige und selbstbewusste Erwachsene zu machen, die am Ende gelernt haben, dass es Sinn macht, auf andere Rücksicht zu nehmen. Toll der „Streichel-Zoo“ mit einem gemütsruhigen Emu namens Fritz und die Bäckerei mit köstlichem Gebäck, auch für Diabetiker, wo die Jugendlichen unter professioneller Anleitung ausgebildet werden und mitarbeiten. Gegründet wurde Neve Hanna vor vielen Jahren von Hanni Ullmann, die in den 30er Jahren im Jüdischen Kinderheim Ahava in Berlin tätig war und 2002 – für alle unvergeßlich – in Neve Hanna verstarb. Neben allem anderen hatte sie eines Tages die nahe gelegene Beduinenstadt Rahat aufgesucht und Kontakte zu Beduinenfamilien geknüpft. Daraus entstanden Projekte, die bis heute anhalten und als beste Beispiele jüdisch-arabischer Verständigung gelten können.
Ein Erlebnis ganz besonderer Art war die Baumpflanzaktion mit dem Jüdischen Nationalfonds KKL in Zomet Golani, wo jeder Teilnehmer einen Setzling (Pinie oder Johannesbrotbaum) für den DIG-Wald im Norden Israels pflanzte und von einem Gruppenmitglied anschließend ein Segensspruch verlesen wurde.
Neben den unvergesslichen persönlichen Begegnungen waren auch diesmal wieder eine touristische Ziele Teil des Programms, so die Altstadt von Jaffa, die Ausgrabungen von Caesarea, die alte Kreuzfahrerstadt Akko, die Felsen von Rosh Hanikra an der Grenze zum Libanon, die heiligen Stätten am See Genezareth sowie die imposanten Ruinen von BeitShean. In Jerusalem beeindruckten Grabeskirche und Klagemauer ebenso wie die neue Hurva-Synagoge im Jüdischen Viertel, faszinierte der Blick vom Österreichischen Hospiz auf die Altstadt nicht weniger als der Blick vom Ölberg auf den Tempelberg, der Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen heilig ist. Am Toten Meer bewunderten wir nicht nur die Ausgrabungen in Qumran und auf Massada, die um zwei beeindruckende Museen erweitert wurden, sondern machten auch Halt in Mizpe Shalem. Dort legten wir nicht nur eine Badepause zur Entspannung ein, sondern verfielen beim Anblick von jeder Menge Ahava-Kosmetik (Ahava heißt „Liebe“) aus den Mineralien des Toten Meeres auch in einen Kaufrausch. Israel wird ihn uns danken. Die Pflegeprodukte werden dort nicht nur verkauft, sondern auch produziert. Wer noch Mitbringsel brauchte, kam hier voll auf seine Kosten.
Bericht und Fotos von Meggie Jahn