Der als antisemitisch kritisierte Film „Tal der Wölfe – Palästina“ wird nun doch nicht an diesem Donnerstag in deutschen Kinos anlaufen. Das sagte eine Sprecherin der Kölner Verleihfirma Pera Film. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Wiesbaden hat dem Action-Film zunächst keine Jugendfreigabe erteilt. Am Donnerstag entscheidet ein FSK-Ausschuss in zweiter Instanz.
Vollständiger Artikel bei WELT online vom 26.01.2011
Lesen Sie hier das Grußwort von Jochen Feilcke bei Eröffnung der auch 2010 aktualisierten Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ im Rathaus Schöneberg anläßlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar. Er kritisierte dort auch den Film.
Heute (26.01.) erreicht uns folgende Israel-Info zum Thema von Helmut Lohrbächer:
Antisemitismus-Vorwürfe
FSK stoppt „Tal der Wölfe“-Film
Ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag sollte der als antisemitisch kritisierte türkische Actionfilm „Tal der Wölfe – Palästina“ in deutschen Kinos starten. Nach einem Einspruch der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft hat die Verleihfirma den Kinostart nun vorerst abgeblasen.
Köln/Hamburg – Nach Protesten gegen den als antisemitisch kritisierten Film „Tal der Wölfe – Palästina“ wird das Werk nun doch nicht an diesem Donnerstag in deutschen Kinos anlaufen. Das sagte eine Sprecherin der Kölner Verleihfirma Pera Film der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) habe den Action-Film aus der Türkei nicht freigegeben, sagte die Sprecherin nach einer FSK-Entscheidung vom Vorabend.
„Das offizielle Schreiben liegt uns noch nicht vor, aber wir werden uns erst mal an die Entscheidung halten. Der Film wird definitiv nicht am Donnerstag starten“, sagte die Sprecherin. Pera Film wolle nun zunächst die Gründe der FSK genau prüfen. „Wir sehen dann weiter“, sagte sie.
Pera sei die einzige Verleihfirma für „Tal der Wölfe“ in Deutschland. Der mit zehn Millionen Dollar Produktionskosten teuerste türkische Film aller Zeiten behandelt den israelischen Angriff auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara vom Mai 2010. Soldaten hatten bei dem Einsatz gegen die Flotte, die die Gaza-Blockade aufbrechen wollte, neun türkische Aktivisten getötet.
Der Film verbreite antiamerikanische, antiisraelische und antisemitische Stereotypen mit volksverhetzendem Charakter, hatte der „Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus“ in Berlin gewarnt. Er sollte an diesem Donnerstag in mehreren Kinoketten anlaufen, just zum Internationalen Tag des Holocaust-Gedenkens (27. Januar). Dies hatten Politiker von CDU, SPD, den Grünen und der FDP als geschmacklos und unverantwortlich bezeichnet.
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Zum Sachverhalt:
Von Jennifer Teufel (Amadeo Antonio Stiftung)
Der Drehbuchautor des Spielfilms „Tal der Wölfe“ (türkisch: Kurtlar Vadisi) Bahadir Özdener beansprucht für sich, die schwierige Situation der Palästinenserinnen und Palästinenser darzustellen und die Verantwortlichen zu identifizieren. In einem Interview mit dem ZDF erklärte er: „Die Zuschauer werden nach dem Kinobesuch sagen: Ja, ich verstehe das tragische Elend der Palästinenser. Ich kenne die Schuldigen. Das ist ein Regime, das seine Hände im Blut wäscht; ein System, das blind ist und die zionistische Ideologie verkörpert.“ Die Vorberichterstattung zum Film und bereits veröffentlichtes Filmmaterial lassen befürchten, dass es sich hier um ein mediales Kampf-mittel gegen Israel handelt. Es ist zu erwarten, dass eine polarisierende Parteinahme im Nahostkonflikt seitens der Zuschauerinnen und Zuschauer ausgelöst wird. Nilüfer Narli, Professorin für Soziologie an der Bahcesehir-Universität Istanbul warnt, „‚Tal der Wölfe‘ nutzt den äußerst sensiblen Nationalstolz für seine Zwecke aus. Der Film hat eine populistische, extrem zugespitzte Sichtweise der Realität und schürt nationalistische Gefühle.“
„Tal der Wölfe“ – eine mediale Erfolgsgeschichte
Der türkische Filmkritiker Deniz Tansi befürchtet: „Schon die Serie „Tal der Wölfe“ trägt dazu bei, jeden Tag den Antisemitismus in der Türkei etwas mehr unters Volk zu mischen. Der einfache Bürger, der keine Zeitungen liest und die meiste Zeit vor der Glotze verbringt, versteht die Innen- und Außenpolitik bald nur noch mittels ‚Tal der Wölfe‘.“ Zwar kann gefragt werden, inwiefern eine Action-Serie politische Einstellungen vermittelt, die über die unmittelbaren Aussagen und Handlungen ihres Helden Polat Alemdar transportiert werden. Als Faktor für die inhaltliche Ausrichtung werden zudem aber die familiären Verbindungen der Brüder Sasmaz genannt, die als Hauptdarsteller, Drehbuchautoren und Regisseure der Kinofilme „Tal der Wölfe“ agieren. Diese verfügen über enge verwandt-schaftliche Beziehungen zu der nationalistischen Partei MHP, die als ‚extremistisch‘ eingeschätzt wird, wie Bert Rebhandl von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt.
Polat Alemdar ein gefährliches Vorbild
Bereits der erste Kinofilm „Tal der Wölfe – Irak“ enthielt antisemitische Darstellungen und löste heftige Diskussionen aus. Mehr als 400.000 Besucherinnen und Besucher haben diesen Film 2008 in Deutschland gesehen, er fand besonders in den türkischen und arabischen Einwanderungs-Communities großen Anklang. In Kinos verschiedener Berliner Stadtbezirke kam es bereits während oder nach den Filmvorführungen zu antisemitischer Hetze. Diese wurden besonders durch eine Filmszene angestoßen, in der ein Arzt muslimischen Menschen Organe entnimmt und als deren Bestimmungsorte Tel Aviv, London und New York angezeigt werden. Wie Bert Rebhandl weiter schreibt, läßt sich hierbei unschwer ein Verweis auf das „Weltjudentum“ erkennen, welches rücksichtslos von den Konflikten im Nahen und Mittleren Osten profitieren würde. Auch der kommende Film bedient unverblümten Chauvinismus und nationale Feindbilder, präsentiert paramilitärische Gruppenbildung und bewaffnete Selbst-justiz als Mittel zur Lösung sozialer und internationaler Konflikte. Auf eine ausgeprägte Problematik verweist bereits eine türkische Studie, wonach türkische Jugendliche den Protagonisten Polat Aldemar als größtes persönliches Vorbild nennen. Eine Diskussion, inwiefern der Film den Kriterien des Jugendschutzes aber auch den verfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht sowie die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund behindert und möglicherweise das gesellschaftliche Miteinander im Land gefährdet, scheint daher unumgänglich.