Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, 60, spricht über die IslamDebatte, Integration, den Antisemitismus muslimischer Zuwanderer und sagt, dass die Geschäfte deutscher Firmen mit dem Iran eine Schande sind
BILD am SONNTAG: In seinem neuen Buch, das diese Woche erschienen ist, räumt der Papst mit dem Vorurteil auf, die Juden seien schuld am Tod Jesu. Was bedeutet das für Sie?
Dieter Graumann: Unter diesem Vorwand sind Juden 2000 Jahre lang verfolgt, ausgegrenzt und getötet worden. Wenn jetzt der Papst dieser Kollektivschuldthese die Grundlage persönlich und in klaren Worten entzieht, dann ist das ein wichtiges Zeichen für Freundschaft, Vertrauen und Versöhnung. Wichtig ist dieses Signal auch nach den Irritationen der Vergangenheit, wie dem Umgang mit den Piusbrüdern, die oft den Holocaust infrage stellen, oder der möglichen Seligsprechung von Papst Pius XII., der, unserem Gefühl nach, zu laut schwieg angesichts der Schreie der Schoah.
Vergrößern
„Hamisha Humsche Torah“
Die Buch-Inschrift „Hamisha Humsche Torah“ heißt übersetzt „die fünf Fünftel der Tora“. Dies sind die fünf Bücher des Mose. Sie bilden die Basis der Tora und finden sich auch im Alten Testament
In Deutschland ist eine neue Debatte über Integration und insbesondere über muslimische Einwanderer entbrannt. Viele Politiker verweisen in diesem Zusammenhang auf die abendländische Leitkultur, auf das christlich-jüdische Erbe. Was ist der spezifisch jüdische Anteil an unserer abendländischen Kultur?
…
Interview von Michael Backhaus und Walter Mayer in BILD am SONNTAG vom 13.03.2011