von Marina Choikhet
Die Menschen, die heute aus aller Welt in die kleine demokratische Oase des Nahen Ostens immigrieren, sind oft hoch gebildete Arbeitskräfte mit Kompetenzen in Hightech, Kunst oder Medizin, die ein gutes Leben in ihren Heimatländern führen könnten. Für sie ist Alija eine Entscheidung.
3.000 JAhre »Wenn einem seine jüdische Herkunft etwas bedeutet, dann verstehe ich nicht, wie man nicht in Israel leben kann«, meint Sirkin. Für den US-Bürger war Amerika nie wirklich »sein Land«: »3.000 Jahre Volksgeschichte lassen sich nicht so einfach wegstreichen, und ich fühle mich als ein Teil davon. Sobald mir das klar geworden ist, wusste ich, ich muss hierherkommen.«
Dabei stammt Sirkin aus einer weder religiösen noch zionistischen Familie. In einer Vorstadt von St. Louis aufgewachsen, wurde im Hause Sirkin Schweinebraten öfter als Gefilte Fisch serviert. »Und auch das Thema Israel kam bei uns selten auf den Tisch. Erst, als ich 1974 mein Chemiestudium an der UC Berkeley angefangen habe, bin ich aktiv mit meinen jüdischen Wurzeln in Berührung gekommen.«
»Überall auf dem Campus bin ich mit der politischen Situation in Israel konfrontiert worden«, erinnert sich Sirkin. Denn Berkeley war auch die Hochburg der Anti-Israel-Proteste. Der damalige Student nahm sich eine einjährige Auszeit, um im »Israel Action Committee« aktiv zu werden. »Wir haben bekannte Redner zu unseren Veranstaltungen eingeladen und Debatten organisiert, um unsere Kommilitonen über Israel zu informieren.«
Post-Doktorat Da ist es keine Überraschung, dass sich der Nonkonformist für eine Fortsetzung seiner akademischen Karriere an der Hebräischen Universität in Jerusalem entschied. Auf zwei Jahre war sein Post-Doktorat angesetzt. »Danach hatte ich jedoch Schwierigkeiten, einen angemessenen Job hier zu finden. Zum einen habe ich das System nicht gleich verstanden, zum anderen war das Land ökonomisch gesehen damals immer noch eine Wüste.«
Würde er heute als Uni-Absolvent an der Eingangstür zur israelischen Hightech-Welt stehen, würde er vorzugsweise bei Checkpoint anklopfen. »Oder noch besser, bei Apple Inc.«, korrigiert sich Sirkin, denn auch Apple gedenkt demnächst sein erstes Development Center außerhalb von Kalifornien zu eröffnen. Warum nicht in Japan, Deutschland oder Skandinavien? »Weil die Israelis kreativer und progressiver sind; weil alle Firmen, die in diesem Bereich einen Namen haben – sei es Intel, Microsoft, Checkpoint oder Google –, schon lange über israelische Zweigstellen verfügen.« Außerdem ähnele die israelische Mentalität sehr stark derjenigen im Silicon Valley.
In den frühen 80ern begann Sirkin seine Karriere am berühmten Xerox-Research Center in Palo Alto. Als Vizepräsident bei Apple und in diversen Führungspositionen bei Zoran und GetThere arbeitete er mit den hellsten Köpfen der Computerindustrie. So wurde »nächstes Jahr in Jerusalem« immer wieder verschoben. »Was kann man machen, wenn man drei heranwachsende Töchter hat und eine Ehefrau, die die USA um keinen Preis verlassen möchte?«
Reisewarnung Dann blickt er nachdenklich in seinen Kakao. »Am schwersten war es für mich während der zweiten Intifada. Ich konnte nicht einfach vor dem Fernseher hocken und mir die furchtbaren Nachrichten untätig anschauen. Ich wusste nicht, was ich konkret tun sollte, aber ich wollte da sein.« So fanden sich die Sirkins, trotz Terroranschlägen und Reisewarnungen, ein paar Wochen später am Ben-Gurion-Flughafen wieder.
Bis auf einen Neffen hat Sirkin in seiner neuen Heimat keine Verwandten. Seine Töchter sind erwachsen, er selbst ist inzwischen geschieden. »In Amerika ist man daran gewöhnt, weit von seiner Familie entfernt zu wohnen.« In der Hinsicht mache es für ihn keinen Unterschied, ob er in Kalifornien oder in der historischen Heimat lebe.
Auch weiterhin unterhält der Pensionär aktiv geschäftliche Beziehungen zu seinen ehemaligen Kollegen von Apple, mit denen er derzeit an der Herstellung eines neuen Produkts arbeitet. Worum es sich genau handelt, soll aber erst in einigen Monaten bekannt gegeben werden.
Sirkin genießt es, ein Teil der israelischen Gesellschaft zu werden und unterstützt sie großzügig, indem er dem Levin-Zentrum für Soldaten Geld spendet, dem Israel Venture Network hilft und sich aktiv für das Israel Democracy Institute in Jerusalem einsetzt. »Hier fühle ich mich im Einklang mit mir selbst. Auf keinen Fall will ich zurück.«
Das Original in der Jüdischen Allgemeinen vom 1. M’ry 2012 finden Sie hier.
Marina Choikhet hat vor einigen Monaten ihr Master-Studium am IDC Herzliya erfolgreich abgeschlossen. Das MASA-Stipendium war einer der Hauptgründe dafür, dass sie von ihrer „großartigen Israel-Chance profitieren durfte. Ich habe das Glück gehabt zusammen mit Menschen aus der ganzen Welt in englischer Sprache studieren und dabei wichtige Kontakte knüpfen zu dürfen, von international anerkannten Professoren unterrichtet zu werden und mich, zumindest für dieses eine Jahr, zu einem Teil dieses fantastischen Landes zählen zu können.
Von meinem Aufenthalt habe ich zahlreiche positive Erinnerungen, wertvolle Freundschaften und ein internationales Master-Zeugnis mit der Aufschrift Awarded in the 63rd year of the independence of the State of Israel mitgebracht.“