Es war ein sehr gelungener Einstieg in das neue Jahr: In ausgebuchtem Saal im Hotel Maritim in der Friedrichstraße vor über 100 Zuhörern referierte der amerikanische Historiker Jeffrey Herf aus seinem neuen Buch über die „unerklärten Kriege der DDR gegen Israel“.
Die von ihrem Selbstverständnis „antifaschistische“ DDR unterstützte tatkräftig die Feinde Israels – arabische Staaten und Terrororganisationen, die den jüdischen Staat zu vernichten suchten. Dies in unheiliger Allianz mit westdeutschen radikalen Linken, die vor dem Mord an Juden nicht zurückschreckten.
Überaus perfide: Indem man Israel mit dem nationalsozialistischen Deutschland auf eine Stufe stellte, waren Angriffe und Krieg gegen den „zionistischen Aggressorstaat“ gerechtfertigt.
Herfs bitteres Fazit: „Wieder einmal beteiligten sich Deutsche daran, Juden Gewalt anzutun.“
Sein Vortrag enthielt eine Fülle bisher nicht bekannter historischer Fakten und Details.
In der folgenden angeregten Diskussion mit fachkundigem Publikum ging es um die Bewertung der DDR-Politik im Kontext des Kalten Krieges, die Juden in der DDR, die Rolle der linken Terrorszene in West-Berlin bis zu Gegenwartsthemen: Trump, Judenhass in der US-amerikanischen Rechten, Judenhass bei Hisbollah und Hamas. Und die für Herf so wichtige Frage, warum die DDR ihren Krieg gegen Israel bis zuletzt geheim hielt: Es gab wohl doch noch einen Rest an Gewissen und Unrechtsbewusstsein, so Herf.
Herf vertrat seine Positionen leidenschaftlich und zum Teil sehr persönlich. Die Erwähnung seines Vaters, der Deutschland 1937 verlassen musste und sich trotzdem als „lucky man“ bezeichnete, bleibt im Gedächtnis – und macht begreiflich, warum sich Jeffrey Herf so engagiert seit Jahrzehnten dem Thema Antisemitismus in Deutschland widmet.
Carola Deutsch, Mitglied des Vorstands