Von Dr. Nikoline Hansen
Können Bücher politisch etwas bewirken? Die Antwort lautet ja, wenn der Autor Tuvia Tenenbom heißt und einen Bestseller schreibt. Tuvia Tenenbom ist Journalist und Schriftsteller mit Leib und Seele – und er versteht es, den Finger in die Wunde zu legen, die Antisemitismus heißt.
Am 13. Juli stellte Tenenbom auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V. und nach einer Einführung ins Thema durch den Vorsitzenden Jochen Feilcke Auszüge aus seinem Buch „Allein unter Juden“ vor, in dem es besonders um europäische Geldflüsse zur Unterstützung der palästinafreundlichen NGOs in Israel geht. In der Tat – die im Buch geschilderten ehrlichen Statements von Mitarbeitern dieser NGOs oder ihrer israelischen Freunde sind bemerkenswert. Besonders bedrückend: Reisen nach Israel dienen nicht immer dem Abbau von antisemitischen und israelfeindlichen Vorurteilen sondern können diese geradezu bestätigen, wenn die entsprechende Auswahl an israelischen Gesprächspartnern getroffen wird. Als Beispiel las die stellvertretende Vorsitzende Maya Zehden eine Passage aus Tenenboms Buch, die eine Reise der italienischen Friedensorganisation „Casa per la Pace Milano“ beschreibt. Diese Reise wurde von der Europäischen Kommission finanziell unterstützt. Warum organisiert die italienische Friedensorganisation Reisen nach Israel? „Israel missachtet und bricht das Völkerrecht, hält von ihm unterzeichnete Abkommen nicht ein, respektiert die Menschenrechte nicht und ist eine Besatzungsmacht“. Trifft das nicht auch auf andere Länder zu? Ja. Und doch ist Israel das einzige Land, in das die Organisation Reisen anbietet. Tenenboms Gesprächspartner ist sich seiner israelfeindlichen Haltung bewusst – er bittet darum, dass die Veröffentlichung erst nach seiner Abreise erfolgt, da er befürchtet sonst ausgewiesen zu werden.
Erschreckend, dass dabei selbst die Gedenkstätte Yad Vashem als Plattform für bösartige Propaganda herhält. So erzählt der israelische Reiseführer seinen Zuhörern dort: „Die Palästinenserbehörde exekutiert heute viele Menschen auf Befehl Israels“ und „Ich habe 200, 300 Palästinenser festgenommen, manchmal auch kleine Kinder, und manchmal schlug ich sie zusammen und warf sie auf einen Laster“. Solche Aussagen treffen auf offene Ohren – und sie verfestigen gerade an diesem Ort Zerrbilder, die nicht der Wahrheit entsprechen. Es ist angenehm, die eigenen Verbrechen relativiert zu sehen. In Europa tätige Organisationen, die sich in derartigen NGOs engagieren, sind neben Misereor, Brot für die Welt und dem Internationalen Roten Kreuz etwa auch die Rabbis for Human Rights.
Die von Tenenbom geschilderten Szenen sind teils so unglaubhaft, dass er sie mit Video dokumentieren lässt. Dabei verpackt er diese real erlebten Ausschnitte durch geschickte Aneinanderreihungen und erhellende Kommentare im Buch so handlich, dass sie sich wie ein Krimi lesen und amüsant erscheinen – wenn einem das Lachen nicht im Halse stecken bleiben würde. Tenenbom ist ein großartiger Autor, der fasziniert und sein Publikum zu fesseln weiß. Nicht umsonst wurde sein Buch deshalb in Israel zum Bestseller. Und die dokumentierenden Videos taten dann ein Übriges, den Wahrheitsgehalt der Berichte zu belegen. Während es in Deutschland nicht gelang, aufgedeckte Missstände zu beseitigen, wurde in Israel in der Folge das sogenannte Transparenzgesetz erlassen, mit dem NGOs gezwungen werden ausländische Geldflüsse offenzulegen. Das zeigt: Der Einsatz hat sich gelohnt. Wer etwas über den Antisemitismus in der Welt erfahren möchte, dem seien die Bücher von Tenenbom ans Herz gelegt. Er hat ein ausgeprägtes Gespür dafür, Menschen ihre Gedanken über Juden und Israel zu entlocken. Das Lesen lohnt sich – man erfährt viel.