Von Israel lernen…
…heißt sich schützen lernen. Das jedenfalls war die Erkenntnis eines gut besuchten Diskussionsabends der DIG Berlin-Brandenburg zur Sicherheitszusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel. Die Veranstaltung fand am 14. November in der Julius-Leber-Kaserne statt; Maya Zehden moderierte.
Die Kooperation zwischen beiden Ländern ist inzwischen so intensiv, „dass ich die Ebenen gar nicht alle aufzählen kann“. So einer der wichtigsten deutschen Polizisten, Olaf Lindner, Präsident der Bundespolizei-Direktion 11. Sein Verantwortungsbereich umfasst vor allem die Terrorbekämpfung, und mit ihr begannen die Kontakte auch. Nach dem Olympia-Anschlag von München im Jahr 1972, der, so Lindner, „ein Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden“ war, wurde die Spezialtruppe „GSG 9“ gegründet. Und zwar mit „umfassender und wegweisender Unterstützung“ einer israelischen Spezialeinheit. Lindner: „Dafür sind wir bis heute dankbar“.
Seither ist daraus ein ganzes Netzwerk des Austausches geworden, nicht nur in der Terrorbekämpfung. Auch die Hubschrauberstaffeln, die Sky-Marshalls und andere Polizeibereiche kooperieren miteinander. Es gibt regelmäßig gemeinsame Übungen, Strategie-Diskussionen und Workshops. Das strahlt auch nach innen aus. Viele der beteiligten Beamten hätten hinterher ein besseres, positives Israel-Bild und vermittelten dieses ihren Kameradinnen und Kameraden, schilderte Lindner.
Der Polizeipräsident hielt mit seiner Kritik an den deutschen Sicherheitsstrukturen nicht hinter dem Berg. „Wie lange dauert etwas bei uns“, fragte er unter anderem mit Blick auf die nunmehr seit über zehn Jahren währenden Debatten um eine Cyber-Sicherheitsstrategie. Von Israel könne und müsse die deutsche Seite die Schnelligkeit und Flexibilität in der Reaktion auf Gefahrenquellen lernen, sagte Lindner. Die deutschen Behörden seien oft zu statisch, die Zuständigkeiten viel zu zersplittert. Lindner verlangte eine „Bündelung von Fähigkeiten“ und einen „Turnaround wie nach 1972″.
Im militärischen Bereich ist die Zusammenarbeit ebenfalls intensiv und freundschaftlich, berichtete Oberst Dr. Olga Polyakov, Verteidigungsattaché der Botschaft des Staates Israel für Deutschland, Österreich und Rumänien. Sie ist eigentlich Ärztin und eine der wenigen Frauen in der Welt, die einen solchen Posten inne haben.
Schon vor der Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen im Jahr 1965 habe Deutschland ihr Land beim Aufbau der Armee aktiv unterstützt. Später seien deutsche U-Boote und Schiffe für die Marine geliefert worden. Umgekehrt profitierte die Bundeswehr von den teilweise einzigartigen technologischen Fähigkeiten Israels. Das begann laut Polyakov in den 1970er Jahren mit der Lieferung elektronischer Systeme für die „Tornado“-Kampflugzeuge, in neuerer Zeit waren es Drohnen und Anti-Raketensysteme. Es gebe auch zwischen den Militärs viele Gespräche und Freundschaftstreffen – und einige symbolische Aktionen. Fast schon legendär sind die gemeinsamen Flüge deutscher und israelischer Militärjets über Dachau und über der Knesset in den Jahren 2020 und 2021. Und es soll so weiter gehen. „Wir können Deutschland bei der Erneuerung und Stärkung der Bundeswehr helfen“, sagte Polyakov mit Blick auf die von Kanzler Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ in der Sicherheitspolitik. Wichtig sei jetzt ein „permanenter“ strategischer Dialog zwischen Berlin und Jerusalem, der über die Militärs hinaus auch die politische Ebene einschließe.
Werner Kolhoff