Wie halten Sie es mit Israel? DIG erfreut über klare Haltung der Berliner Parteien – Es kommt auf die Umsetzung an
Wie halten Sie es mit Israel? Das wollte die DIG Berlin und Brandenburg von den Spitzenkandidaten der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien anlässlich der Wiederholungswahl wissen. Die Ergebnisse dokumentieren wir seit heute (30.1.) im Wortlaut auf unserer website digberlin.de, so dass sich alle Freundinnen und Freunde Israels anhand dieser Wahlprüfsteine vor der Abgabe ihrer Stimme ein Bild machen können.
Obwohl es Unterschiede in vielen Details gibt, sieht die DIG Berlin und Brandenburg in den Antworten insgesamt eine erfreuliche Tendenz: Die Sensibilität gegenüber dem Antisemitismus scheint größer geworden zu sein. Teilweise gibt es sehr konkrete Vorschläge, um dagegen vorzugehen oder auch an den Schulen stärker aufzuklären. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob und wie die Parteien diese Versprechungen auch konkret umsetzen. Die DIG wird dies kritisch beobachten. In der Vergangenheit wurde insbesondere gegen den zunehmenden israelbezogenen und muslimischen Antisemitismus in Berlin häufig nicht entschieden genug vorgegangen.
Alle Parteien stehen zum Existenzrecht Israels, wollen die Zusammenarbeit Berlins mit israelischen Einrichtungen stärken und versprechen, Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen. Dies betrifft bei einigen Parteien explizit auch die Boykottbewegung BDS, die CDU und AfD verbieten wollen und der auch die Linke „eine klare Absage“ erteilt. Erfreulich deutlich distanzieren sich alle Parteien von den israelfeindlichen Al-Quds-Demonstrationen; die meisten sprechen sich für ein Verbot aus. Auch hier wird die DIG nachhaken, wenn es darum geht, den Ankündigungen konkrete Taten folgen zu lassen.
Übersicht
Die SPD betont die besondere Verantwortung für das Existenzrecht Israels und stellt sich antisemitischen Parolen entschieden entgegen. Man wolle „seit langem“ dass Tel Aviv-Jaffa Partnerstadt Berlins werde und unterstütze Kooperationen mit israelischen Einrichtungen. Es sei nicht hinzunehmen, dass Menschen jüdischen Glaubens in unserer Stadt angefeindet und angegriffen würden. „Wir garantieren den jüdischen Einrichtungen und dem jüdischen Leben den notwendigen Schutz.“ Die SPD habe in zahlreichen Parteitagsbeschlüssen Programme gegen Antisemitismus an Schulen gefordert. Sie will u.a. die Landeszentrale für politische Bildung stärken und neu ausrichten. Die SPD verurteilt die Al-Quds-Demonstrationen „aufs Schärfste und wird alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit diese antisemitische Parade nicht stattfinden kann.“ Innensenatorin Spranger habe sie schon im vergangenen Jahr untersagt „und wird dies auch weiter tun“.
Die Linke würde eine Städtepartnerschaft „grundsätzlich befürworten“, doch müsse es dafür in der Senatskanzlei mehr Mittel geben. Allerdings habe Tel Aviv signalisiert, dass es momentan kein Interesse an neuen Partnerschaften habe. Die Partei ist für einen engen kulturellen und wissenschaftlichen Austausch mit israelischen Akteuren. „Den leider regelmäßig grassierenden Boykottaufrufen israelfeindlicher und antisemitischer Kampagnen erklären wir eine klare Absage.“ Die Linke will die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften, Erziehern und Schulsozialarbeitern so stärken, dass sie in die Lage versetzt werden, angemessen und entschieden mit Diversität und Diskriminierungen umzugehen – „das gilt selbstverständlich insbesondere auch für den Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus“. Perspektivisch soll es eine unabhängige Beschwerdestelle Antisemitismus für den Bildungsbereich geben. Gegenüber einem Demonstrationsverbot gegen die Al-Quds-Demonstrationen ist die Linke zurückhaltend („prüfen“), obwohl sie feststellt, dass es in der Vergangenheit dort erhebliche antisemitische Straftaten gab. Sie setzt darauf, dagegen „den zivilgesellschaftlichen Protest zu unterstützen.“
Die CDU setzt sich als einzige Partei für eine Städtepartnerschaft mit Jerusalem ein, als „deutliches Signal in die Vergangenheit und eine Brücke in die Zukunft“. Sie spricht sich dafür aus, den 75. Jahrestag der Gründung Israels auch im Abgeordnetenhaus zu begehen. Gegen antisemitischen Hass fordert die CDU „die volle Härte des Rechtsstaates“, unter anderem einen Unterbindungsgewahrsam für bekannte Antisemiten vor Demonstrationen. Per Bundesratsinitiative will die CDU durchsetzen, dass Antisemitismus strafverschärfend ist und die BDS-Bewergung verboten wird. An jeder Schule soll es einen Antisemitismusbeauftragten geben; der Besuch von Gedenkstätten soll verpflichtend sein. Außerdem spricht sich die CDU klar für ein Verbot der Al-Quds-Demonstrationen aus.
Die FDP ist gegenüber einer Partnerschaft Berlins mit einer israelischen Stadt zurückhaltend und befürwortet den Ausbau bezirklicher Partnerschaften. Unsere Frage nach einer Würdigung des 75. Jahrestages der Gründung Israels auch in Berlin versteht die FDP als „Anregung“ und will darüber im Präsidium des Abeordentenhauses sprechen. Antisemitismus an den Schulen will die Partei „durch Projekttage, durch Besuche in jüdischen oder israelischen Einrichtungen und durch eine stärkere Sensibilisierung der Lehrkräfte“ entgegentreten. Gegen die Al-Quds-Demonstrationen wollen die Liberalen wie bisher jährlich Anträge auf Nichtgenehmigung stellen, „bis ein dauerhaftes Verbot erreicht ist“.
Die Grünen sind bei der Frage nach einer Städtepartnerschaft skeptisch, da Tel Aviv schon andere habe und Jerusalem sie grundsätzlich nicht eingehe. „Eine Städtepartnerschaft nur um des Namens wegen zu forcieren, halten wir auch nicht für zielführend.“ Stattdessen sollten alle Bezirke Partnerschaften haben. Die Grünen wollen „auf allen Ebenen“ gegen Antisemitismus im Allgemeinen, aber auch gegen jede einzelne Tat vorgehen. Ein wichtiger Baustein dabei seien Antisemitismusbeauftragte in den verschiedenen Behörden. An den Schulen solle im Lehrplan eine verbindliche, kritische Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rassismus und anderen diskriminierenden Strukturen verpflichtend verankert werden. Die Grünen wollen sich auch in Zukunft für ein Verbot der Al-Quds-Demonstrationen einsetzen. „Dabei muss weiterhin darauf geachtet werden, dass mögliche Ersatzveranstaltungen frühzeitig erkannt und ebenfalls untersagt werden können.“
Die AfD befürwortet eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv-Jaffa oder dem Bezirk Tel Aviv. Sie sieht ein „riesiges Potential“ für eine Kooperation zwischen den Wissenschaftseinrichtungen, „insbesondere in den Bereichen IT, KI, BioScience, Technologietransfer und Medizinforschung“. Die Partei will zusammen mit CDU und FDP erneut den Antrag stellen, dass der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung nach Israel reisen soll. „Sollte die israelische Botschaft angesichts des 75. Jahrestages der Staatsgründung den Wunsch haben, eine Festveranstaltung im Abgeordnetenhaus durchzuführen, würden wir dies vorbehaltlos unterstützen“, heißt es weiter. Die bisherigen Anstrengungen Berlins gegen den Antisemitismus reichen nach Ansicht der AfD nicht aus. „Entscheidend ist der politische Wille, neben dem rechtextremen, linksextremen und verschwörungstheoretischen Antisemitismus auch dem israelbezogenen Antisemitismus – insbesondere BDS – sowie dem muslimischen Antisemitismus klar die rote Karte zu zeigen.“ Bei akutem Mobbing jüdischer Schüler müsse Opferschutz vor Täterschutz gehen. „Notfalls müssen die Täter die Schule verlassen.“ Die Partei spricht sich auch für ein Verbot der Al-Quds-Demonstrationen aus.
Die Antworten im Wortlaut