Bericht: Israel lebt – und die Hoffnung auch Bewegende Solidaritätskundgebung auf dem Sderotplatz in Zehlendorf

Viele Teilnehmer zeigten ihre Solidarität mit den Entführten.

Zwei Mal war es an diesem Sonntag, dem 7. April, totenstill auf dem Sderotplatz im Zentrum Zehlendorfs. Und zwar fast im Wortsinn totenstill. Einmal, als Jochen Feilcke, Vorsitzender der DIG Berlin und Brandenburg, die rund 400 Teilnehmer der Solidaritäts-Kundgebung zu Beginn um eine Gedenkminute für die Opfer des Hamas-Terrors bat. Und dann, als ein wenig später Alon Gat und Na’ama Weinberg zu der Menge sprachen. Die beiden jungen Israelis waren während des Massakers im Kibbuz Be‘ eri, als die Terroristen über sie her fielen. Beide überlebten nur knapp, aber trauern um Angehörige, die damals getötet wurden oder noch heute als Geiseln verschleppt sind.

Zehlendorfs stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski und der Vorsitzende der DIG Berlin und Brandenburg, Jochen Feilcke, sprachen zu den 400 Demonstrationsteilnehmern.

Schweigend und betroffen hörte die Menge ihren Schilderungen zu und applaudierte erst laut, als die beiden dazu aufriefen, alles zu tun, um die Geiseln zu befreien. „Das Einzige, was uns aufrecht hält, ist, der Welt zu sagen, dass die Geiseln keine Zeit mehr haben“, sagte Na’ama Weinberg. Neben der Bühne war, wie um diese Worte zu unterstreichen, eine überdimensionale Sanduhr aufgebaut. „Time is running out“ stand darauf.

Weil der Terrorüberfall auf Israel exakt ein halbes Jahr zurück lag, hatte die DIG genau an diesem Tag zu der Demonstration aufgerufen. Und genau an diesen Ort, weil Sderot, das damals ebenfalls überfallen wurde und 70 Opfer zu beklagen hat, seit 1975 Städtepartnerin von Zehlendorf ist. Gerade in solchen Zeiten, so hatte Jochen Feilcke im Vorfeld gesagt, gelte es, eine solche Partnerschaft mit Leben zu füllen.

Alon Gat (links) und Na’ama Weinberg (rechts) berichteten über das Grauen, das sie am 7. Oktober im Kibbuz Be’eri erlebt hatten.

Der Zehlendorfer Jan Kutscher stand neben der Bühne und hielt zusammen mit seiner Nachbarin Vera Sikes ein großes Transparent mit dem Wappen der israelischen Stadt und ihrem Leitspruch „Wir werden erfolgreich sein“ hoch. Erst vor zwei Wochen war er in Sderot gewesen und hatte im Namen Zehlendorfs einen Brief der Bezirksbürgermeisterin übergeben. Deren Stellvertreterin Cerstin Richter-Kotowski sprach auf der Kundgebung ein Grußwort, in dem sie es an Klarheit nicht missen ließ. Zwar sei die Lage der Menschen in Gaza katastrophal und man müsse alles tun, um das Leid zu lindern. „Aber die aktuelle Situation geht einzig und allein auf das Konto der Hamas“. Berlin und Zehlendorf stünden nicht nur wegen der Staatsräson zu Israel, sagte die Bezirkspolitikerin, sondern „aus tiefer Überzeugung, Freundschaft und Verbundenheit.“ Der in Deutschland zutage tretende Antisemitismus widerspreche „allen unseren Werten“, rief Richter-Kotowski unter dem Beifall der Menge aus.

Ein Meer von Blumen unter dem Schild mit dem Namen „Sderotplatz“.

 

Viele Teilnehmer der Kundgebung hatten Blumen mitgebracht, die sie an das Schild mit dem Platznamen niederlegten, so dass sich dort bald ein kleines Blumenmeer bildete. Zahlreiche Israelfahnen wurden geschwenkt. Die gelben Solidaritätsschleifen für die Geiseln gingen ebenso schnell weg wie die Aufkleber mit der Aufschrift: „Free Gaza – from Hamas“. Die Teilnehmer wollten offenbar auch individuell zeigen, dass sie zu Israel stehen. Und das war, anders als sonst in Berlin, dank des Schutzes der Polizei bei dieser Kundgebung auch gefahrlos möglich. Es gab keine Störungen.

Fast zwei Stunden hörten alle sehr aufmerksam den Rednern zu, dem Präsidenten der DIG, Volker Beck, ebenso wie dem Brandenburgischen Landesrabbiner Ariel Kirzon und dem Gesandten der israelischen Botschaft, Aaron Sagui. Immer wieder wurden  alle drei von Beifall unterbrochen, vor allem, wenn sie, wie Beck und Saagui, betonten, dass Israel das Recht und die Pflicht habe, sich zu verteidigen, und dass die Hamas zerstört werden müsse. Die Kundgebung endete mit der Nationalhymne Hatikva. Die Sanduhr war zu diesem Zeitpunkt fast abgelaufen. Alon Gat, der seine Frau Yarden nach 54 Tagen Geiselhaft zurückbekam, aber seinen Bruder Carmel noch immer nicht, drehte sie zusammen mit einem Helfer wieder um, so dass sie aufs Neue zu laufen begann. Am yisrael chai. Israel lebt – und die Hoffnung auch.

Werner Kolhoff

 

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