Passend zu ihrem gerade im Philo-Verlag erschienenen Buch „Nachklänge – Jüdische Musiker in Deutschland nach 1945„, eröffnete Prof. Anat Feinberg, Literaturwissenschaftlerin und Dozentin an der Jüdischen Hochschule in Heidelberg, die gemeinsame Reihe der DIG Berlin mit der Friedrich-Naumann-Stiftung zum Thema „Kulturaustausch als Brücke zwischen Deutschland und Israel„. Damit wollten beide Veranstalter im Jubiläumsjahr „40 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern“ ins öffentliche Bewußtsein bringen, wie wichtig die Kultur beim Aufbau eines neuen Verhältnisses zwischen Deuschen und Juden nach dem Holocaust war. Mit dem Thema „Ausgerechnet Deutschland – Jüdische und israelische Musiker in Deutschland nach 1945“ widmete sich dieser Abend auch der Musik. Just am 10. Oktober war denn auch in der „Süddeutschen Zeitung“ ein Artikel über das neue Buch von Anat Feinberg erschienen – „als hätten wir diesen bestellt“, so Jochen Feilcke in seiner Begrüßung der ca. 200 Gäste in Centrum Judaicum.
„In zwei Ländern würde ich nie auftreten – das eine ist Tibet und das andere Deutschland.“ Tibet sei ihr zu hoch und Deutschland zu niedrig, erklärte Anat Feinberg in ihrem Eingangsstatement. Gemeint war damit der Holocaust, der Deutschland von einem „Land der Dichter und Denker“ zu einem „Land der Richter und Henker“ hatte werden lassen. Auch Isaak Stern und andere jüdische Musiker hätten sich schwer getan, je wieder einen Schritt auf deutschen Boden zu setzen. Dagegen gab es andere Künstler wie den berühmten Geiger Yehudi Menuhin, der bereits im Juli 1945 vor KZ-Überlebenden und einem deutschen Publikum aufgetreten war. Damit habe er unter Juden viel Ablehnung erfahren, was ihn aber nicht daran gehindert hatte, weiter für Versöhnung zu werben, so Anat Feinberg. In ihrem Vortrag konzentrierte sie sich auf das Spannungsfeld zwischen rigoroser Ablehnung bei ehemaligen Opfern und einer Wiederannäherung an eine Kultur, die allen vertraut war. Genannt seien hier nur die Diskussion um die Rolle Wilhelm Furtwänglers im Dritten Reich oder die Aufregung um die Präsentation der Musik von Strauß und Wagner in Jerusalem durch Daniel Barenboim, Direktor der Berliner Staatskapelle.
Das deutsch-israelische Verhältnis ist auch 50 Jahre nach Kriegsende noch vom Holocaust geprägt. Für viele Juden und Israelis blieb Deutschland nach dem Holocaust jahrelang der schwarze Fleck auf der Karte. Heute haben jüdische Solisten aus Israel und der ganzen Welt aber lange einen festen Platz im deutschen Musikbetrieb eingenommen, viele gar ihre Heimat in Deutschland gefunden. Auch wenn nach wie vor keine „Normalität“ im deutsch-israelischen Verhältnis bestehe, so sei die Musik doch immer eine Brücke zwischen Deutschen und Juden gewesen.
Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag von dem Konzertpianisten und Musikwissenschaftler Dr. Jasha Nemtzov, der neben seinem exzellenten Klavierspiel das Publikum durch informative Erläuterungen zu heute oft vergessenen jüdischen Musikern erfreute. Da er diese den Gästen lieber musikalisch vorstellen wollte, verwies er das Publikum bei der Ankündigung von Professor Feinbergs, er werde erklären, was unter „jüdischer Musik“ zu verstehen sei, lieber auf seine CD am Büchertisch.
Im Anschluss an einen lehrreichen und erbaulichen Vortragsabend mit unvergeßlicher musikalischer Untermalung luden Friedrich-Naumann-Stiftung und Centrum Judaicum die anwesenden Gäste noch zu israelischem Wein und Salzgebäck ein. Dabei konnte das Gehörte im Gespräch noch vertieft werden. Bei dieser Gelegenheit dürfen wir uns herzlich für die freundliche Einladung und Unterstützung bedanken.
Ein Bericht von Meggie Jahn