Masel tov, Israel
Viele Besucher und viel Prominenz beim Israel-Tag – Wegners erster öffentlicher Auftritt
Selbst der in diesem Jahr besonders launige April benahm sich respektvoll. Ein paar Tröpfchen, mehr kam nicht vom Himmel. Der diesjährige Israel-Tag der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg am Freitag, 28. April, stand ganz offenbar unter einem guten Stern: Dem 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Es kamen mehr Besucher als sonst, rund 1000, mehr Journalisten – und mehr Prominente. „Masel tov, Israel“. So endeten die meisten Reden.
Als ein Zeichen besonderer Wertschätzung wertete es Jochen Feilcke, Vorsitzender der DIG Berlin und Brandenburg, dass Kai Wegner, am Vortag frisch gewählter neuer Regierender Bürgermeister Berlins, seinen ersten öffentlichen Auftritt bei den Freunden Israels absolvierte. Mit ihm war auch Cornelia Seibeld, Präsidentin des Abgeordnetenhauses, zum Wittenbergplatz gekommen. Beide wurden bei ihrem Eintreffen sofort umlagert. Der neue Chef im Roten Rathaus gab neben dem Mitzwa-Mobil der Jüdischen Gemeinde Interviews und ließ sich fotografieren. „Offensichtlich müssen wir noch ein paar Kritiker erreichen“, hörte man ihn sagen. Eine Anspielung auf die vielen Neinstimmen aus dem eigenen Lager, die seine Wahl am Vortag zur Zitterpartie gemacht hatten. Das war auf dem Platz eines der Hauptgesprächsthemen.
Doch in seiner Rede hielt sich Wegner damit nicht mehr auf, sondern konzentrierte sich ganz auf Israel. „Ich verspreche, alles zu tun, damit die Juden und Jüdinnen in unserem Land sicher leben können, ebenso wie die Sicherheit Israels für uns nicht verhandelbar ist“. Das war einer der beklatschten Schlüsselsätze. Wegner scheint es ernst zu meinen. Eine seiner ersten Auslandsreisen werde nach Tel Aviv und Jerusalem führen, kündigte er an. Und auch, dass Berlin endlich eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt, und zwar mit Tel Aviv, begründen wolle. „Es ist dafür höchste Zeit“. Besonders viel Applaus bekam Wegner für seine Aussage, dass die jüngsten Verbote israelfeindlicher Demonstrationen „konsequent und richtig“ gewesen seien und er bei dieser Linie bleiben wolle. Der DIG versprach Wegner, dass sie für ihn ein wichtiger Gesprächspartner sei. „Das Rote Rathaus ist für Sie immer offen“, betonte der CDU-Politiker. „Toda raba“, Danke, sagte Jochen Feilcke und wünschte dem Gast nun seinerseits ein persönliches „Masel tov“.
Parlamentspräsidentin Cornelia Seibeld forderte in ihrer kurzen Rede mehr Anstrengungen in den Schulen, um Antisemitismus frühzeitig zu bekämpfen. Der Gesandte der israelischen Botschaft, Aaron Sagui, sagte, dass Israel eine liberale Demokratie sei und bleibe. Und er betonte: „Wir verteidigen uns selbst zu jeder Zeit und unter allen Umständen“. Nach ihm ging Gideon Joffe ans Mikrofon und es wurde plötzlich laut: „Ich liebe Berlin. Ich liebe Deutschland. Ich liebe Israel“. So übertrieben schrie er es hinaus, dass es im halben Tauentzien zu hören war. Joffe machte das mit rhetorischer Absicht. Er wolle, sagte er, deutlich machen, dass er das hier mitten im freien Berlin so laut sagen könne. Ebenso im freien Israel. In vielen anderen Staaten der Welt gebe es diese Meinungsfreiheit aber nicht. „Kämpfen wir dafür, dass wir jedes Jahr in Frieden und Freiheit den Israel-Tag begehen können“, schloss Joffe und die Zuhörer applaudierten heftig.
Dann konnte endlich gefeiert werden. Auf der Bühne heizte „Le Chaim“ ordentlich musikalisch ein, später auf der Wiese dann auch Avi Palvari, der viele Gäste zum Tanzen animierte. Vor „Feinbergs“ und „Eli“ bildeten sich kleine Schlangen nach kulinarischen Spezialitäten wie der „Tel Aviv Bowl“, Baclava und Wein. Das Bier ging schon gegen 17 Uhr aus. An den Ständen der Partnerorganisationen wurde eifrig Informationsmaterial verteilt oder Interessierten Auskunft über Mitmachmöglichkeiten gegeben. Manchmal gab es an den Gängen zwischen den Zelten sogar kleine Staus. Unter den vielen Besuchern sah man Volker Beck, den Präsidenten der DIG, seinen Vorgänger Hellmut Königshaus und den FDP-Bundestagsabgeordneten und Israelfreund Frank Müller-Rosentritt. Irgendwelche Zwischenfälle gibt es nicht zu vermelden, wohl auch, weil die Berliner Polizei mit deutlicher Präsenz im Hintergrund für Sicherheit sorgte.
Gegen Ende der Veranstaltung fand auf der Bühne eine weitere bemerkenswerte Talkrunde mit Vertretern der politischen Nachwuchsorganisationen statt. DIG-Vorstandsmitglied Paula Ranft fragte vier Funktionäre von Jusos, Jungen Liberalen, des RCDS und der Falken nach ihrer Haltung zu Israel, und die Antworten waren bei allen Vieren ohne Wenn und Aber: „Wir bekennen uns klar zum Existenzrecht Israels und zum Kampf gegen den Antisemitismus.“ Die nächste Generation macht also weiter. Der diesjährige Israel-Tag war so in jeder Hinsicht auch ein Mutmacher für die Aktiven der DIG, darunter Chef-Organisatorin Kathrin Koelle, die ihn auf die Beine gestellt hatten und 2024 wieder auf die Beine stellen werden.
Text: Werner Kolhoff
Fotos: Vivien Tharun
Der Israeltag Berlin 2023 fand in Zusammenarbeit mit der Berliner Landeszentrale für politische Bildung statt. Wir bedanken uns herzlich!