PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG PRESSEMITTEILUNG NR.: 36:
In Jerusalem fanden die dritten Regierungskonsultationen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel statt. Die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Angela Merkel, und der Ministerpräsi¬dent des Staates Israel, Benjamin Netanjahu, leiteten gemeinsam die Konsultationen und nahmen die seit den letzten Konsultationen am 18. Januar 2010 in Berlin erzielten Fortschritte mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Sie bekräftigten ihr Ziel, die besonderen Beziehungen und die große Bandbreite enger Verbindungen zwischen Deutschland und Israel durch zukunftsorien¬tierte politische Vorhaben weiter zu stärken. Gleichzeitig wurde Deutschlands Bewusstsein um seine historische Verantwortung gegenüber Israel gewürdigt. Die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident möchten den vielen Menschen danken, die sich fortwährend für die Stärkung der Bande zwischen den beiden Ländern einsetzen. Folgende Regierungsmitglieder nahmen an den Konsultationen teil: Auf deutscher Seite die Bundesminister Guido Westerwelle, Thomas de Maizière, Rainer Brüderle, Kristina Schröder, Peter Ramsauer, Norbert Röttgen, Annette Schavan, Dirk Niebel, Staatsminister Eckart von Klaeden und Parlamentarischer Staatssekretär Gerd Müller. Auf israelischer Seite die Minister Herr Avigdor Lieberman, Herr Gilad Erdan, Herr Uzi Landau, Herr Prof. Daniel Hershkovitz, Herr Gideon Sa’ar, Frau Orit Noked, Herr Itzhak Aharonovitz, Herr Matan Vilnai, Herr Israel Katz, Herr Shalom Simhon, Herr Michael Eitan und der Stellvertretende Minister Herr Daniel Ayalon.
Auswärtige Angelegenheiten Deutschland und Israel werden ihren regelmäßigen Gedankenaustausch zu außen-politischen Fragen fortführen, insbesondere zu den Themenbereichen internationale Organisationen, Nahost, zu Regional-fragen sowie Sicherheitspolitik. Die Regierungen begrüßten die Fortschritte, die bei der Stärkung ihrer Zusammenarbeit in kulturellen Fragen, im Konsularbereich sowie in der diplomatischen Ausbildung seit den letzten Konsultatio¬nen im Januar 2010 erzielt wurden, und erklärten ihre Absicht, diese fruchtbare Zusammenarbeit in Zukunft auszubauen. Die beiden Außenminister haben eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie ihren Wunsch zum Ausdruck bringen, die Kontakte zwischen den Menschen zu fördern, und eine Reihe von Initiativen darlegen, die darauf abzielen, die bereits bestehenden vielfältigen Bande noch weiter auszubauen. In der Überzeugung, dass Jugendaustausch, Bildung und wissenschaftlicher Austausch entschei¬dend für die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen sind, beabsichtigen beide Seiten, auf diese Bereiche der Zusammenarbeit einen besonderen Schwer¬punkt zu legen. Daher brachte die israelische Regierung ihre Absicht zum Ausdruck, die Zahl der an deutsche Studierende für einen Studienaufenthalt in Israel vergebenen Stipen¬dien zu erhöhen und Möglichkeiten zu einem finanziellen Beitrag zum Johannes-Rau-Stipendienprogramm, das seit zehn Jahren erfolgreich in Deutschland durchgeführt wird, zu prüfen. Die Regierungen erklärten ihre Bereitschaft, künftige Projekte zur Erhaltung der persönlichen Archive jüdischer Intellektueller deutscher Herkunft und jüdischer Gemeinden in Deutschland in Betracht zu ziehen. Um allgemeinen Zugang zu diesem Schatz an Primärquellen zu ermögli¬chen, hat die National Library of Israel eine Initiative zur Digitalisierung und Bereitstel¬lung eines weltweiten kostenfreien Zugangs zu diesem lebendigen kulturellen, wissenschaftlichen und literarischen Erbe der jüdischen Gemeinden in Deutschland entwickelt.
Nationale Sicherheit und nationale Notstandssituationen Die Regierungen haben vereinbart, die Zusammen-arbeit bei der inneren Sicherheit, insbeson¬dere beim Kampf gegen extremistische Gewalt und Terrorismus, zu stärken und auszubauen. Fragen der nationalen Sicherheit werden diejenigen Themen ergänzen, bei denen es bereits eine Zusammen-arbeit im Rahmen einer gemeinsamen Absichtserklärung zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität und des Terrorismus gibt. Die Regierungen haben außerdem vereinbart, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern bei der Bewältigung von Naturkatastrophen und Notstandssituationen ausgebaut werden soll. Die Regierungen haben vereinbart, bei Notstandssituationen, die durch Naturkatastrophen (Brände, Erdbeben, Überschwemmungen usw.) verursacht wurden, zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Zu diesem Zweck ist eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet worden. Sie umfasst die Krisenprävention, die Zusammenarbeit zwischen verschiede¬nen Stellen und die Verbesserung der Reaktionsfähigkeiten.
Wirtschaft Die Regierungen haben vereinbart, ihre Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Technolo¬gien im Bereich erneuerbare Energien zu stärken. In diesem Zusammenhang wird die deutsche Regierung die deutsche Privatwirtschaft ermutigen, an zwei von Israel zu initiieren¬den Messen im Bereich Innovation bei erneuerbaren Energien teilzunehmen. Es wurde außerdem zwischen den Regierungen vereinbart, die Zusammenarbeit in der industriegeführten Forschung und Entwicklung auszubauen. Die Regierungen haben vereinbart, gemeinsam Innovationen in der Landwirtschaft, einschlie߬lich Innovationen im Bereich des Umgangs mit dem erheblichen Rückgang der Niederschlagsmenge im Nahen Osten und der anhaltenden Wüstenbildung, zu fördern und auf die¬sem Gebiet zusammenzuarbeiten. Die Länder werden bei einschlägigen gemeinsamen Projekten, die in verschiedenen Ländern durchgeführt werden, zusammenarbeiten.
Infrastruktur und Verkehr Die Regierungen haben vereinbart, ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Eisenbahnver¬kehrs zu verstärken. Die deutsche Regierung wird deutsche Beratungsunternehmen und Infrastruk¬turbetreiber ermutigen, sich an Verkehrsprojekten in Israel, zum Beispiel dem Eisenbahnprojekt Eilat, zu beteiligen. Die Regierungen haben vereinbart, ihre gegenseitigen Kontakte gemeinsam zu erweitern, und ihre Bereitschaft erklärt, ihre verkehrspolitische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Elektromobi¬lität und der Innovationen in Bezug auf nachhaltige Mobilität zu fördern. Beide Seiten beabsichtigen, eine Plattform für einen deutsch-israelischen Dialog einzurichten.
Landwirtschaft Die Regierungen haben vereinbart, die Zusammenarbeit im Agrarsektor zu intensivieren, und werden Möglichkeiten zur weiteren Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Landwirtschaft (und des Verbraucherschutzes) prüfen. Forschungsaktivitäten sollen fortgesetzt und ausgeweitet werden, damit auch die Forschung im Bereich des Vorratsschutzes abgedeckt wird. Auch im Verbraucherschutz bietet sich eine engere Zusammenarbeit an. Darüber hinaus bekräftigen die Regierungen ihr Interesse an künftigen gemeinsamen Twinning-Projekten. Auch die Möglich¬keit eines Einsatzes israelischer Bewässerungsexperten im Rahmen des Äthiopisch-Deutschen Agrar-Weiterbildungszentrums (in Äthiopien) wird in Erwägung gezogen.
Umweltschutz Auf der Grundlage des Deutsch-Israelischen Abkommens über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umwelt- und Naturschutzes vom 17. März 1993 und der Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei Projekten im Rahmen des Mechanismus für umweltverträgliche Entwick¬lung (CDM) vom 12. Februar 2008 haben sich der Minister für Umwelt-schutz, Gilad Erdan, und der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, darauf verständigt, die bestehende Zusammenarbeit beider Regierungen in Umweltfra¬gen zu intensivieren. Die Regierungen haben vereinbart, die Zusammenarbeit im Bereich Klimawandel nach der Umsetzung der jüngsten Entscheidung der israelischen Regierung über einen Nationalen Aktionsplan zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Israel zu vertiefen. Die Zusammenar¬beit ist insbesondere im Bereich Klimawandel von Bedeutung. In diesem Zusammen¬hang sind für 2011 Workshops über Messung, Berichterstattung und Verifizierung im Rahmen von Projekten zur Reduzierung von Treibhausgas-emissionen auf nationaler Ebene sowie über CO2-Marktmechanismen geplant. Einen weiteren Bereich für eine geplante Zusammen¬arbeit stellt Energieeffizienz in der Industrie und im Bausektor dar. Die Regierungen haben entschieden, die enge Zusammenarbeit im Bereich Abfallwirtschaft fortzuführen. Diese Zusammenarbeit baut auf einem intensiven Austausch auf Fachebene zu einer Reihe von Themen auf. Die Regierungen planen, ein Seminar zur Umsetzung von Gesetzgebung im Bereich Verpackung und Mülltrennung abzuhalten sowie Informationen über lokale Lösungen zur Abfallbehandlung auszutauschen. Die Regierungen haben vereinbart, die erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich Anlagensicher¬heit durch einen Austausch auf Fachebene über die Sicherheit industrieller Anlagen in Notfallsituationen in Folge von Naturkatastrophen, insbesondere Überschwemmun¬gen, zu intensivieren. Des Weiteren werden die Regierungen im Rahmen eines laufenden multilateralen Projekts zur Beherrschung der Folgen von Naturgefahren für Chemieanlagen zusammenarbeiten.
Forschung und Entwicklung Die Regierungen haben ihre langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung bekräftigt und ihre Bereitschaft betont. Die Regierungen haben vereinbart, im Juni 2011 das erste Deutsch-Israelische Forschungsforum zu veranstalten. Ziel ist es, die erfolgreiche Forschungszusammenarbeit weiterzuentwickeln. Das Forschungsforum wird in Deutschland stattfinden. Schwerpunkt soll auf den Bereichen Neuro-wissenschaften, Meeresforschung/Meeresumweltforschung, Wassertech¬nologie liegen und wird eine Diskussion einschließen, wie die Zusammenarbeit in regionalen Forschungszentren in Afrika befördert werden kann. Die Regierungen haben ihre Absicht bekräftigt, die wissenschaftliche Zusammenar¬beit zwischen Deutschland und Israel zu stärken und neue Richtungen und Perspekti¬ven der Kooperation aufzuzeigen. Die Regierungen haben vereinbart, hierüber im Rahmen bilatera¬ler Workshops unter Beteiligung von Vertretern deutscher und israelischer Forschungsein¬richtungen und -organisationen zu diskutieren. Die Regierungen haben ihre erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich Bildung und Forschung bekräftigt und ihre Bereitschaft betont, diese zu stärken. Die Regierungen vereinbarten, die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung in von beiden Seiten vereinbarten Bereichen wie Biotechnologie und Medizintechnik sowie auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung weiter zu stärken und auszubauen. Die Regierungen haben die Bedeutung der Umsetzung und des Ausbaus der Wissenschafts- und Forschungskooperation betont. Sie haben die laufende Zusammenarbeit im Rahmen der Max-Planck-Gesellschaft, der Minerva Zentren sowie die geplante Ausweitung begrüßt, die die Gründung von zwei neuen Zentren der Max-Planck-Gesellschaft und der Hebräischen Universität Jerusalem im Bereich der Neurobiologie und der Max-Planck-Gesellschaft und des Weizmann-Instituts für Wissenschaften im Bereich der integrativen Anthropologie/Archäologie umfasst.
Jugend Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung im Jahr 2000 wurde ein neues Kapitel im deutsch-israelischen Jugend-austausch aufgeschlagen, das auf den Erfahrungen und dem Sachverstand der vorangegangenen Jahrzehnte sowie auf dem gegenseitigen guten Willen und dem Einverneh¬men zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit beruht. Der Jugendaustausch zwischen Deutschland und Israel ist ein zentrales Element der deutsch-israelischen Beziehungen. Der Jugendaustausch trägt wesentlich zum wachsenden Vertrauen und zu mehr Freundschaften zwischen den jungen Generationen beider Länder bei.
Zum 10. Jahrestag des Beginns der Zusammenarbeit zwischen dem Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugend-austausch (ConAct) und dem Öffentlichen Rat für Jugendaus¬tausch (Israel Youth Exchange Council) ist es wichtig, den Beitrag beider zu würdigen. Mit ihren umfassenden Beratungs- und Fördertätigkeiten haben sie dazu beigetragen, dass der deutsch-israelische Jugendaustausch im Jahr 2010 einen Höchststand von 280 Begegnungen mit nahezu 6000 Jugendlichen und Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe erreicht hat. Die Regierungen haben die stetig wachsende Zahl von Begegnungen im Rahmen des Jugendaustausches und die Einführung neuer Programmformen als einen Beitrag zu einer größeren Vielfalt des Austausches begrüßt. Mit der Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung durch die Regierungen bestätigen beide Seiten ihre Übereinkunft gemäß der Vereinbarung aus dem Jahr 2000 sowie der neuen Vereinbarung vom 31. Januar 2011. Diese Dokumente bilden die gemeinsame Grundlage für die Weiterentwicklung und Gestaltung des deutsch-israelischen Jugendaustausches.
Wirtschaftspolitische Entwicklungszusammenarbeit Die Regierungen haben die Wiederinbetriebnahme und die Erweiterung der Abwasseranlage in Gaza erzielte Vereinbarung begrüßt. Dieses Vorhaben , ein Leuchtturmprojekt der deutsch-palästinensischen Entwicklungszusammenar¬beit, kann nun zum Nutzen der gesamten Region zügig umgesetzt werden. Die Regierungen begrüßten die Fortschritte bei der konkreten Ausgestaltung der trilateralen Entwicklungszusammen-arbeit, insbesondere in Afrika. In Äthiopien arbeiten Deutschland und Israel erfolgreich bei der Verbesserung der Wasser-bewirt¬schaftung und der Bewässerung zum Nutzen aller beteiligten Partner zusammen. Mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen Israel, Deutschland und Ghana im Dezem¬ber 2010 begann das erste Projekt der trilateralen Zusammenarbeit in einem afrikani¬schen Staat, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick¬lung und vom MASHAV unterstützt wird. Im Verlauf der ersten Projektphasen erhalten 1500 ghanaische Landwirte Zugang zu neuer Technologie und neuem Wissen über verbesserte Anbaumöglichkeiten. Die Regierungen stimmten darin überein, dass eine Zusammenarbeit im Agrarsektor besonders vielversprechend ist. Die Regierungen haben vereinbart, ein gemeinsames Projekt zur entwicklungspolitischen Zusammenarbeit am Viktoriasee in Kenia zu planen. Sie haben begrüßt, dass dazu das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und MASHAV eine Absichtserklärung unterzeichnet haben. Damit wollen beide Län¬der einen Beitrag zur Verbesserung der Umweltsituation am Viktoriasee leisten. Darüber hinaus vereinbarten die Regierungen, weitere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in Zentralasien zu ergründen.
Verbesserung staatlicher Dienstleistungen für die Bürger Die Regierungen haben vereinbart, gemeinsam bei der Verbesserung staatlicher Dienstleistun¬gen für die Bürger durch den Aufbau einer Wissensbasis und das gemeinsame Zusammentra¬gen des erforderlichen Fachwissens zusammenzuarbeiten. Die Regierungen haben zudem vereinbart, dass die Zusammenarbeit im Rahmen der OECD mit dem Ziel eingeleitet werden soll, eine gemeinsame Position bei der Verbesserung staatlicher Dienstleistungen für die Bür¬ger zu ermitteln. In den Bereichen Verwaltungsmodernisierung, Ordnungspolitik und bessere Rechtsetzung vereinbaren beide Seiten, ihren Dialog und ihre Zusammenarbeit auf folgenden Feldern zu intensivieren: Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen für die Bürger und für kleine und mittlere Unternehmen, IT-Lösungen für effizientere öffentliche Dienstleistungen und eine höhere Leistungsfähigkeit staatlicher Stellen, Strategien und Methoden für eine bessere Rechtsetzung und die Verringe¬rung von Verwaltungslasten. Auch die Koordinierung gemeinsamer Positionen in internationa¬len Institutionen kann Teil der Zusammenarbeit sein.
Die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident bekräftigen die außerordentliche Bedeutung, die sie den Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beimessen, und haben vereinbart, die nächsten Konsultationen 2012 in Deutschland abzuhalten.