Fatah und Hamas: Eine unheilige Allianz

Niemand hatte bis vor kurzem mit einer Einigung zwischen den verfeindeten Palästinensergruppen Fatah und Hamas gerechnet – die Amerikaner nicht, die Europäer nicht und auch die Israelis nicht. Doch die arabische Welt ist im Umbruch. Es ist Umdenken angesagt, auch bei den Palästinensern.

Seit 2007 lieferten sich beide Gruppen äußerst blutige Kämpfe um die Macht im Westjordanland und im Gazastreifen. Abbas hatte eigentlich schon 2009 Frieden schließen wollen. Die damalige Initiative scheiterte jedoch an der Weigerung der Hamas Friedensverhandlungen der Fatah mit Isreal zu akzeptieren.

„Die arabischen Revolutionen haben den Prozess beeinflusst“, sagte Mussa Abu Marsuk, ein Repräsentant der Hamas bei den Verhandlungen mit der Fatah, nach der Einigung dieser Woche. Anscheinend spüren die Islamisten durch die politischen Umbrüche in Ägypten historischen Rückenwind. Laut Umfragen ist die Mehrheit der Ägypter für eine Aufkündigung des Friedensvertrages mit Israel; bei künftigen demokratischen Wahlen könnten die Muslimbrüder beachtliche Erfolge erzielen – und die Hamas ist ein Teil der Muslimbruderschaft. Somit genießt die Hamas großzügige Unterstützung aus Ägypten.

So konnte die Hamas Änderungen am Vertragsentwurf von 2009 durchsetzen, die etwa die Freilassung von Hamas-Kämpfern aus Gefängnissen der Palästinensischen Autonomiebehörde vorsehen, die dort wegen Mordes an Fatah-Leuten einsitzen, für die Fatah ein Kniefall sondergleichen.

Auch soll die Hamas ein Teil der PLO werden, was Abbas bisher abgelehnt hat: ein Zeichen, dass die Fatah politisch geschwächt und die Hamas gestärkt ist. Mohammed Badia, Oberhaupt der ägyptischen Muslimbrüder, gratulierte dem Hamas-Politiker Ismail Haniyeh zum strahlenden Sieg.

Doch ein strahlender Sieg ist das Abkommen einzig und allein für die Hamas, nicht jedoch für das palästinensische Volk. Denn das Abkommen zwischen den Palästinensergruppen dient ganz gewiss nicht dem Frieden im Nahen Osten.

Als erstes werden die Hauptleidtragenden dieses Deals die Palästinenser selbst sein. Die Fatah hat in den letzten Jahren die Lebensbedingungen im Westjordanland sehr verbessern können. Geschuldet ist diese bemerkenswerte Entwicklung vor allem einem Mann: Premierminister Salam Fayyad. Der hat zwar seit Beginn seiner Amtszeit 2007 auch nicht mit anti-israelischer Rhetorik gespart. Gleichzeitig hat er aber mit seiner pragmatischen Politik die Lebensverhältnisse der Palästinenser im Westjordanland enorm verbessert: Er hat die Korruption bekämpft, für Wirtschaftswachstum gesorgt, Mädchenschulen gegründet und sich obendrein die Parole „Vom Gegner lernen, heißt siegen lernen“ zu eigen gemacht. Die Zusammenarbeit mit Israel verlief dabei wie geschmiert. Die Kooperation zwischen israelischen und palästinensischen Firmen führte im Westjordanland im vergangenen Jahr zu einem Wirtschaftswachstum zwischen 7 und 8 %. Davon können andere arabische Staaten nur träumen.

Noch Anfang April stellte die Weltbank in einem Bericht fest, dass die Palästinenser aufgrund des Zustandes ihrer Wirtschaft und Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungssystem mittlerweile in der Lage sind, einen eigenen Staat zu führen. Die pragmatische Politik Fayyads war ein Erfolg auf der ganzen Linie. Damit ist es wohl bald vorbei.

Ein palästinensischer Staat wäre eigentlich möglich gewesen. Doch mit mit der Hamas kommt nun noch einmal radikaler Islamismus und Antisemitismus ans politische Ruder. Notwendig für den Erfolg des palästinensischen Volkes wäre aber ein Bruch mit beiden Ideologien.

Israel wird nicht mit einer Palästinenservertretung zusammen arbeiten können, die sich die Vernichtung des jüdischen Staates auf die Fahnen geschrieben hat und schon jetzt lautstark verkündet, an einem Frieden mit Israel gar nicht interessiert zu sein.

Lesen Sie den Artikel von Roger Baettig in der INTERNATIONAL BUSINESS TIMES vom 5. Mai 2011.


Palestinian Unity Deal could be barrier to statehood, Shimon Peres in Ha’aretz vom 05.05.2011 zu der neuen palästinensischen Einigung
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