Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hält den Bundestagsbeschluss zu Gaza für einseitig und protestiert dagegen.
Der Bundestagsbeschluss vom 30. Juni 2010 zur Gaza-Flottille, zur Situation in Gaza und zum Nahost-Friedensprozess war der erste seit Jahrzehnten, der parteiübergreifend einstimmig gefasst wurde. Er liegt auf einer Linie mit vielen Berichten in den Medien und Ansichten von Teilen der Öffentlichkeit, die Israel allein für die neuerliche Eskalation der Lage und für die schwierige Situation der palästinensischen Zivilbevölkerung verantwortlich machen.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum der deutsche Bundestag überhaupt eine Stellungnahme zu einem befreundeten Staat abgibt, die nach eingehender Prüfung den Realitäten vor Ort kaum gerecht wird. An vielen Krisenherden dieser Welt wird wesentlich mehr Menschen Schaden an Leib und Leben zugefügt (Darfur), gehen Besatzer gegen Unterdrückte vor (Tibet), werden willkürlich gezogene Grenzen gewalttätig verteidigt (Kurden), Minderheiten systematisch verdrängt (Armenier). Keiner dieser Krisenherde hat eine annähernde Einigkeit des Bundestages hervorgerufen und mit keinem dieser Länder besteht eine angeblich so „besondere Beziehung“ wie zwischen Deutschland und Israel.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hätte sich beispielsweise sehr darüber gefreut, wenn im November 2008 die Antisemitismus-Resolution des Deutschen Bundestages ebenso fraktionsübergreifend verabschiedet worden wäre.
Obwohl nun bereits klar ist, dass das in Gaza herrschende Regime der Hamas mit willkürlicher Gewalt auch gegen eigene Leute vorgeht, zum Beispiel bei vermuteter „Kollaboration“, wird immer noch die damals demokratische Wahl zu seiner Legitimation angeführt. Allerdings wurde 2007 in einem blutigen Putsch die Fatah vertrieben. Spätestens seitdem ist die Demokratie ein Mythos. Dieses Regime ist nie von seinem erklärten Ziel abgerückt, Israel zu vernichten.
Der Bundestag hat die Hamas nicht aufgefordert, der Gewalt abzuschwören.
Auch wird die Bundesregierung nicht aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, Gilad Shalit zu befreien, der seit über vier Jahren von der Hamas gefangen gehalten wird,
Die schlechte Versorgungslage der Bevölkerung wird allein Israel angelastet.
Aber wer garantiert eigentlich, dass sich diese Lage nach einem Ende der Blockade bessert? Hilfsgüter können seit jeher in den Gaza-Streifen geliefert werden. Es werden an kaum einer anderen Stelle der Welt so viele Projekte für die Bevölkerung mit internationalen Mitteln gefördert wie in den palästinensischen Gebieten, trotz der Blockade. Warum zeigen sie so wenig Erfolg? Wo sind die Pläne der Hamas für eine friedliche Koexistenz, die der eigenen Bevölkerung so gut tun würde?
Der Bundestag kann keine Garantie für Israelis übernehmen, die nach einem Ende der Blockade durch die Hamas wieder angegriffen werden können.
Der Bundestag hat die propagandistische Ausrichtung der Flottille nicht berücksichtigt. Auch das Verhalten der an der Aktion beteiligten Bundestagsabgeordneten wird nicht kritisch hinterfragt.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hält diese Resolution des Deutschen Bundestages für einseitig und protestiert dagegen.