Es ist die Zeit der Neujahrsempfänge – und nach der großen Eröffnung des Jubiläumsjahres 50 Jahre deutsch-israelische diplomatische Beziehungen am 15. Januar im Auswärtigen Amt haben wir nun am 18. Januar unseren eigenen Neujahrsempfang gefeiert. Im wunderschönen Jochen-Klepper-Saal in Nikolassee war die religionspolitische Lage zu Beginn dieses Jahres ein Thema in allen Gesprächen und Grußworten. Dem Schrecken der jüngsten Anschläge und Folgeanschläge kann man sich kaum entziehen. Steffen Reiche bekannte an der historischen Stätte, dass er sogar das Martyrium in Kauf zu nehmen bereit sei, wenn das die Konsequenz eines Einsatzes für eine Unterstützung jüdischen Lebens in Deutschland und der deutsch-israelischen Freundschaft wäre.
Rogel Rachman erklärte, dass die unverbrüchliche Freundschaft zwischen Deutschland und Israel schon seit längerem nicht mehr allein auf der tragischen Geschichte von deutschem und jüdischem Volk beruht, sondern auch auf gemeinsamen Werten. Diese müssten weiter immer stärker in den Vordergrund treten – ohne dass darüber das gemeinsame Erinnern vernachlässigt werden müsse.
Jochen Feilcke nahm das Erinnern zum Anlass, auch an die frühere Bedeutung des 18. Januar zu erinnern. Reichsgründung und Kaiserkrönungen des 19. Jahrhunderts sind allerdings unter den Schrecken des 20. Jahrhunderts eher in den Hintergrund getreten.
Die jüdischen Frauen aber, deren Erinnerungen Andrea von Treuenfeld in einer eindrucksvollen Lesung aus ihrem neuen Buch uns allen vorstellte, waren noch genau mit diesen Daten aufgewachsen – bevor sie dann aus Deutschland vertrieben wurden.
Ihre Geschichten erzählten die alten Damen heute an behütetem Ort, im jüdischen Altersheim in Berlin oder in der eigenen Wohnung. Die Erinnerung ist ihre Gegenwart – oder war das doch, als Andrea von Treuenfeld sie interviewte. Da sie ihre Lesung mit der Geschichte von Ruth Galinski eröffnete, war allen klar, dass gerade noch Zeit ist, die letzten lebenden Zeitzeugen zu befragen.
Zum Teil blicken auch die, die selbst zur Lesung gekommen sind, besorgt in die Zukunft. Umso schöner, dass sich außer einigen Prominenten des politischen Berlin auch zwei von ihnen auf den Weg nach Nikolassee gemacht hatten, um das Neue Jahr und das neue Buch mit uns zusammen feierlich zu beginnen.