Meine Damen und Herren,
heute findet eine Israelfeindliche Demonstration statt. Obwohl es jedes Jahr weniger Teilnehmer gibt, beunruhigt sie trotzdem die jüdische Gemeinschaft. Wir solidarisieren uns mit Israel, weil wir es als wichtigen Zufluchtsort sehen, als den einzigen Staat, wo wir sicher Aufnahme finden, falls wir als Juden anderswo ausgegrenzt werden. Was in einigen Ländern wieder oder immer noch der Fall ist, auch in Europa.
Wir Juden haben uns auch – wie alle Demokraten – über die Proteste gegen despotische Machthaber im Nahen Osten gefreut. Aber eine Demokratie, wie wir sie kennen, braucht lange – Jahre, vielleicht Jahrzehnte – um sich zu entwickeln. Und bis dahin gibt es viele Unwägbarkeiten, die uns Sorge machen.
Gestürzt sind zuerst die Machthaber, die dem Westen nahe standen. Im Internetportal „Muslim-Markt / Muslim-Forum“ wird Tunesiens Rolle unter Zine el Abidine Ben-Ali als die eines hilflosen Untertans der USA, unterdrückt und fremdbestimmt von europäischen postkolonialen Interessen, bezeichnet. Es ist die alte Sprachregelung, die die Verantwortung für Missstände in einem Staat nicht bei den Verantwortlichen sieht, sondern bei dem dekadenten, ausbeuterischen Westen. Selbstverständlich wird vom Muslimmarkt eine Entschuldigung gefordert an das Volk der Tunesier – vom Westen. Denn nur der Westen ist ja schuld. Der Glaube an den wahren Gott wird als Lösung präsentiert. Welchen der Muslim-Markt meint, liegt wohl auf der Hand.
Auch in Ägypten galt Hosni Mubarak als Partner des Westens. Seine Möglichkeiten, den Protesten der Regimegegner mit Härte zu begegnen, waren dann auch wesentlich begrenzter als die der Despoten in Syrien und Libyen.
Das, was nun in Ägypten in das Machtvakuum eindringt, ist besorgniserregend. Besonders die Muslimbrüder, deren Einfluss auch in Syrien und Jordanien spürbar ist, weisen als ein Identität stiftendes Merkmal Hass auf Juden und vor allem Hass auf Israel auf.
Das sind nun die Entwicklungen, die zu dem bereits virulenten Hass des iranischen Regimes gegen Israel hinzukommen. Allerdings ist neben dem Israelhass des Iranischen Regimes sein Streben nach der Atombombe die größte Bedrohung – und nicht nur für Israel. Käme es wirklich dazu, wäre das ein Disaster für die Stabilität des Nahen Ostens insgesamt und auch für die westliche Welt. Daher unterstützen wir auch die iranischen Oppositionellen in ihrem Kampf für einen demokratischen Iran. Das jetzige Regime darf in keiner Weise unterstützt werden – weder politisch noch wirtschaftlich.
Der Iran konzentriert sich bereits darauf, eine Vormachtstellung im Nahen Osten zu erreichen. Erst kürzlich ist deutlich geworden, dass das Mullahregime die Hamas im Gazastreifen direkt finanziell unterstützt hat. So soll der derzeitige sogenannte „Waffenstillstand“ zwischen Israel und der Hamas nur deshalb möglich geworden sein, weil die Hamas keine Gelder mehr aus dem Iran erhält. Und das wegen ihrer mangelnden Unterstützung für den Kooperationspartner des Iran, Syriens Machthaber Baschar al Assad.
Aber von einem Waffenstillstand kann kaum wirklich gesprochen werden – die militanten Kräfte im Gazastreifen sind unüberschaubar. Israel ist weiter seit Tagen Ziel dutzender Raketen auf sein südliches Staatsgebiet. Mitgefühl, das sonst häufig für andere Ziele von Terroristen in der Welt anklingt, ist in dieser Situation Mangelware.
Vielen Menschen im Nahen Osten, die heute bereit sind für Veränderungen, ist seit ihrer Kindheit Israel als Sündenbock für die Probleme ihres Landes präsentiert worden. Der Hass auf Juden und auf Israel wird und wurde systematisch als ein Ventil für die Wut auf Ungerechtigkeit und mangelnde Perspektiven benutzt. Juden in aller Welt hoffen und bangen, ob künftige Regime diesen Hass besiegen können und wollen.
Besonders Achmadinedjad und die Mullahs des iranischen Systems nutzen diesen Hass. So werden von den höchsten religiösen Führern der islamischen Republik bei Freitagsgebeten immer wieder Juden und Israelis mit Tieren verglichen, wie wir es aus dem Dritten Reich kennen. Sie werden für alles Übel in der Welt verantwortlich gemacht und es wird zur Vernichtung des Staates Israel aufgerufen.
Diese Demonstration, die hier vorbeiführt, wird vom Iran aus gesteuert, so wie von dort auch der Begriff „Islamophobie“ als Gegengewicht zum Antisemitismus propagandistisch geprägt und in die Welt transportiert wurde. Diese Demonstration richtet sich gegen das Existenzrecht der Juden in Israel, die Muslime erheben aus religiösen Gründen Anspruch auf israelisches Staatsgebiet – auf Jerusalem.
Es ist ein Fehler, den Iran zu hofieren, denn jede Unterstützung beflügelt seine Machtansprüche. Wir müssen die bisher einzige, wirklich funktionierende, Demokratie im Nahen Osten schützen. Israel hat viele innere Probleme. Aber die größten Probleme kommen von außen. Und diese Probleme werden wir hier in Europa ebenso kennenlernen – früher oder später – wenn wir uns nicht mit den demokratischen, prowestlichen Kräften gegen die despotischen, fundamentalistischen, antiwestlichen Kräfte solidarisieren.
Wir dürfen nicht zulassen, dass das iranische Regime Israel, die westliche Welt und die kritischen Bürger des Iran weiter bedroht. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich das iranische Regime die Atombombe beschafft. Wir dürfen die Bedrohung Israels nicht unwidersprochen hinnehmen.