von Meggie Jahn
Als Band 4 der Reihe „Deutsch-Israelische Bibliothek“ im Berliner LIT-Verlag erscheint ein Buch von Henning Niederhoff mit dem Titel „Trialog in Yad Vashem – Palästinenser, Israelis und Deutsche im Gespräch. Von 1996 bis zum Beginn der zweiten Intifada im Jahr 2000 war der Autor Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah. Als solcher lud Niederhoff – nicht offiziell, sondern aus persönlichem Antrieb – Israelis, darunter auch Mitglieder der Israelisch-Deutschen Gesellschaft, nach Ramallah ein und führte schließlich Palästinenser, Israelis und Deutsche gemeinsam in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Daraus entstand ein „Trialog“, der bis heute anhält, auch wenn sein Initiator lange nach Berlin zurück gekehrt ist.
Während einer DIG-Reise war Niederhoff 2002 mit dem Präsidenten des Internationalen Auschwitz-Komitees, Noach Flug, zusammen getroffen und hatte erstmals von dem Projekt berichtet. Die durch die Opfer der Shoah hervorgerufene Empathie bei den palästinensischen Teilnehmer wurde durch das Bild des Großmuftis von Jerusalem, Hadj Amin al Husseini, im Bunde mit Hitler als Schlussbild der Ausstellung zerstört. Man assoziierte unwillkürlich eine Gleichsetzung zwischen Nazis und Palästinensern. Moniert worden sei auch, so Niederhoff, dass die Ausstellung keine arabischen Untertitel habe, obwohl Arabisch doch zweite Landessprache in Israel sei. Noach Flug zeigte sich von dem Bericht Niederhoffs damals so beeindruckt, dass er eine Begegnung mit dem Generaldirektor von Yad Vashem, Avner Shalev, möglich gemacht hatte und nunmehr ein „Geleitwort“ zu dem Buch geschrieben hat. Seit 2005 wird der Mufti in dem neuen Gebäude der Ausstellung an anderer Stelle präsentiert. Auch wenn es bis heute noch keine arabischen Bildunterschriften gibt, so kann der Besucher seit 2007 in Yad Vashems Internetauftritt die Ausstellung in Arabisch und Persisch lesen.
Niederhoff nennt in seinem Buch zwei Denkschulen, die „aus der Asche von Auschwitz“ hervorgegangen und durch den israelischen Historiker Yehuda Elkanar beschrieben wurden. Während eine Minderheit nach der Shoah dafür streite, dies dürfe „nie wieder geschehen“, sei eine Mehrheit der Meinung, dies dürfe „u n s nie wieder geschehen“. Michael Wolffsohn beschreibt zwei andere Schlussfolgerungen aus der Shoah. Während Juden und Israelis nie wieder Opfer sein wollten, hätten sich Deutsche vorgenommen, nie wieder Täter zu sein und nie wieder Gewalt anzuwenden“. Der Buchautor sah sich dadurch aufgefordert, Menschen auf beiden Seiten zusammen zu bringen und den „Trialog“ zu befördern. Während des Projekts habe es immer wieder Zweifel gegeben, doch sei er gerade von palästinensischer Seite stets ermutigt worden, weiter zu machen. Anstöße zu einem neuen Miteinander zwischen Israelis und Palästinensern könne es schließlich nur von außen geben und „wer wäre dazu besser geeignet als die Deutschen?“
In Niederhoffs „Zukunftswerkstatt“ konnten sich alle Gesprächspartner „auf Augenhöhe“ begegnen. Das Buch verdient eine große Leserschaft. Der Autor lässt seine Protagonisten erzählen und man spürt, jeder hat das Recht, seine Geschichte zu erzählen, ohne dass diese gleich durch die des anderen relativiert wird. Gewachsenes Vertrauen bringt vorhandene Stereotypen ins Wanken und lässt zu, dass ganz unterschiedliche Narrative nebeneinander stehen bleiben können.
Henning Niederhoff, Trialog in Yad Vashem. Palästinenser, Israelis und Deutsche im Gespräch. Mit einem Geleitwort von Noach Flug, Bd. 4, 2009, 224 S., 14.90 Euro, br,
ISBN 3-643-10226-3