Die „Internationale Humanitäre Hilfe“ unterstützte durch Verbindungen zur islamischen Organisation „Milli Görüs“ die terroristische Hamas. Dies geht aus internen Unterlagen hervor.
Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern haben mit dem Verbotsverfahren der deutschen Spendenorganisation „Internationale Humanitäre Hilfe“ (IHH) neue Erkenntnisse über personelle und sachliche Verbindungen zwischen dem Spendenverein und „Mili Görüs“ gewonnen, der größten islamischen Organisation in Deutschland. Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, waren etliche Führungsfunktionäre von „Milli Görüs“ zugleich Kuratoriumsmitglieder des Spendenvereins, der zumindest indirekt den bewaffneten Kampf der radikalen islamistischen Hamas-Organisation im Gazastreifen unterstützte. Das so genannte Freiheitsschiff, die „Mavi Marmara“, die von der türkischen IHH unterstützt wurde, war am 31. Mai in internationalen Gewässern von der israelischen Armee aufgebracht worden. Bei der Erstürmung waren neun Personen getötet worden. Auf dem Boot hatte sich auch Abgeordnete der Linke-Fraktion befunden, in dem Glauben Teil einer humanitären Hilfsaktion zu Gunsten der notleidenden Bevölkerung im Gaza zu sein.
Damals war die türkische IHH insbesondere von Israel beschuldigt worden, vielerorts den Terrorismus zu unterstützen und in Gaza insbesondere der Hamas finanziell zu helfen. Die Begründung für das Verbot der deutschen IHH stützt sich auf diese Deutung der Vereinstätigkeit. Die IHH habe die Hilfsbereitschaft gläubiger Spender missbraucht, um im Ergebnis eine terroristische Organisation zu unterstützen. Weil die Ermittlungen gegen die IHH längst vor den Ereignissen um die „Mavi Marmara“ begonnen hatten, konnte das Innenministerium nun zumindest den Mitgliedern der Deutschen Islamkonferenz mitteilen, dass schon vor Monaten der Zusammenhang zwischen „Milli Görüs“ und der IHH aufgedeckt worden sei. Das sei einer der ausschlaggebenden Gründe dafür gewesen, den Islamrat von der Islamkonferenz auszuschließen, dem „Milli Görüs“ angehört. Hinzu kamen andere strafrechtlichen Ermittlungen gegen führende „Milli Görüs“-Funktionäre, unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Betrug, Urkundenfälschung, Bankrott und Untreue.
Gegen den Gedanken der Völkerverständigung
Milli Görüs“ gehören etwa 29.000 Mitglieder an. In Deutschland betreibt die Organisation etwa 300 Moscheen, die jede Woche von mehreren Zehntausend Gläubigen besucht werden. Die Organisation wird als antidemokratische Vereinigung vom Verfassungsschutz beobachtet. Weil 2006 Tendenzen zu einer politischen Neuorientierung festgestellt wurden, jedoch auch wegen der ihrer zahlenmäßigen Bedeutung, hatte der frühere Innenminister Schäuble eine indirekte Teilnahme von „Milli Görüs“ an der Deutschen Islamkonferenz geduldet, sein Nachfolger de Maizière dann aber eine rote Linie zu dem Verband gezogen, offiziell wegen der strafrechtlichen Ermittlungen, inoffiziell aber außerdem wegen der Verbindungen zwischen „Milli Görüs“-Funktionären, der IHH und der Hamas. Daraufhin hatten andere islamische Verbände in Deutschland wochenlang überlegt, ob sie überhaupt noch an einer Fortsetzung der Islamkonferenz mitwirken wollen. Einige hatten sich schließlich dagegen entschieden.
Um Mitgliedern der Islamkonferenz die Vorwurfslage zu verdeutlichen, hat das Innenministerium ihnen vergangene Woche die Verbotsverfügung übermittelt und erläutert. Demnach richte sich die IHH gegen den Gedanken der Völkerverständigung und fördere Gewalt, indem sie so genannte Sozialvereine der Terrororganisation Hamas unterstütze. Die Hamas befürworte und fördere Gewalt auch in Form von Terroranschlägen und negiere das Existenzrecht Israels.
Innenminister de Maizière hatte die IHH Mitte Juli verboten, weil die Organisation etwa 6,6 Millionen Euro an die Hamas transferiert hatte. Die IHH habe über Jahre den Hamas-nahen Vereinen „Islamic Charitable Society Hebron“ und der „Islamic Society“, der größten Hamas-Sozialorganisation, beträchtliche Summen zukommen lassen. So seien an die „Islamic Society“ zwischen 2007 und 2009 insgesamt 1,7 Millionen Euro überwiesen worden, an die „Islamic Charitable Society“ seit 2006 280.000 Euro.
Unter den Empfängern weiterer Großspenden waren auch Organisationen von zweifelhaftem Ruf in Pakistan, im Jemen und in Sudan. Von dort aus gelangten zumindest Teile von mehr vier Millionen Euro an die Hamas. So erhielt die pakistanische „Al-Khidmat Foundation“ 1,1 Millionen Euro, ein jemenitischer Verein für „social warfare“ (soziale Kriegsführung), dem enge Verbindungen zu Usama bin Ladin nachgesagt werden, bekam 460.000 Euro. Mit etwa derselben Summe wurde die sudanesische „Islamic Dawa Organisation“ bedacht, die ebenfalls Hamas unterstützen soll.
Bedeutender Beitrag zur Akzeptanz der Hamas
Ein ziemlich großer Teil der in Deutschland gesammelten oder auch eingeforderten Spenden ging in die Türkei. Hier war nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes der Verein „Cansuyu“ Empfänger, der auch innertürkisch etwa bei der Verteilung von Ramadan-Paketen der „Milli Görüs“-Anhänger mit Lebensmitteln behilflich ist. 2,5 Millionen Euro gingen alleine in den vergangenen beiden Jahren an „Cansuyu“, der ebenfalls Verbindungen zur Hamas unterhält.
Nach Aussagen der deutschen Ermittler, die zur Rekonstruktion solcher Geldflüsse übrigens auch Swift-Daten über Geldtransfers nutzen, gingen die IHH-Spenden nicht dem militärischen Hamas-Flügel zu, sondern den Sozialorganisationen, die allerdings einen bedeutenden Beitrag zur Akzeptanz der Hamas in der Bevölkerung leisten. Das alles hätten die Leiter der IHH nicht nur gewusst, sondern auch gebilligt. Fast alle Spitzenfunktionäre der IHH seien zudem Milli-Görüs-Funktionäre, unter ihnen der Justitiar.
Der Leiter des verbotenen Vereins, der Hamburger Arzt und Milli Görüs-Funktionär Mustafa Yoldas warf dem Innenministerium vor, sich mit dem Verbot zum „willfährigen Vollstrecker“ Israels zu machen. Darüber, wie der Verein selbst Kinder zu willfährigen Vollstreckern seiner Hamas-Förderung machte, schwieg der Mann. Einen kleinen Einblick in die Praxis der Spendensammler bot kürzlich der Verfassungsschutzbericht. Der zitierte einen Beitrag aus der Jugendzeitschrift der „Milli Görus“ vom Januar 2009: „Liebe Kinder, wie ihr sicherlich wisst, befinden sich unsere palästinensischen Brüder und Schwestern seit Tagen in einer sehr schwierigen Situation . . . Gott sei Dank ist die Milli Görüs gemeinsam mit dem IHH zu unseren Brüdern und Schwestern geeilt und hat ihnen Hilfe gebracht. . . . Vergesst nicht, einen Teil eures Taschengeldes euren palästinensischen Geschwistern abzugeben, O.K.?“
Beitrag von bei faz.net von Peter Carstens vom 3. August 2010
Bildmaterial: dpa