Auf Einladung von DIG Berlin und Potsdam sowie Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen berichtete der israelisch-amerikanische Filmemacher Harvey Stein am 7. Dezember 2009 über sein Filmprojekt The Heart of the Other, in dem er den israelisch-arabischen Anwalt Khaled Kasab Mahameed porträtiert.
2005 hatte der Araber israelischer Staatsangehörigkeit, der sich selbst als Palästinenser bezeichnet, in seiner Anwaltskanzlei in Nazareth das erste Holocaust-Museum in der arabischen Welt eröffnet, über das auch in deutschen Medien berichtet wurde. Die Reisegruppe der DIG Berlin und Potsdam traf ihn dort im Mai 2008. Die Ausstellung basiert auf Bildern aus der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, die er mit arabischen Untertiteln versehen hat. Der Anwalt ist der festen Überzeugung, dass nur eine Anerkennung der Tragödie des Holocaust durch Araber und Palästinenser zu einer Verständigung und zur Empathie zwischen Juden und Palästinensern führen werde. Zu Kontroversen – auch an diesem Abend – führt bis heute, dass er in der Ausstellung neben den Bildern von sterbenden oder ermordeten Juden auch Bilder von palästinensischen Flüchtlingslagern zeigt.
Bemerkenswert an dem Projekt ist sicher eines: Mahameed geht mit ausgewählten Fotos vom Holocaust auch in palästinensische Dörfer und Flüchtlingslager in der Westbank, um dort vom Leid der Juden zu berichten, wobei er auf erstaunliche Resonanz stößt – so zu sehen auch in den Filmausschnitten von Harvey Stein.
Der israelisch-amerikanische Filmemacher gab dem Publikum an diesem Abend mit Hilfe von authentischem Filmmaterial nicht nur einen Einblick in das couragierte Engagement seines Protagonisten. Vielmehr berichtete er auch von den kontroversen Diskussionen über Mahameeds Engagement in der palästinensischen und in der israelischen Gesellschaft. Während man in der arabischen Welt kaum bereit ist, von der Leugnung bzw. Verharmlosung des Holocaust abzugehen und ihn meist als zynisches Mittel der Juden denunziert, die Besetzung ihrer Heimat zu legitimieren, kritisieren Teile der israelischen Bevölkerung, er tue nichts anderes, als die Holocaust-Opfer mit den palästinensischen Flüchtlingen gleichzusetzen, was natürlich völlig inakzeptabel ist. Ihnen gilt als eigentlicher Prüfstein, ob Mahameed auch bereit sei, die Kollaboration des Mufti Amin al Husseini mit Adolf Hitler anzuerkennen und zu verurteilen.
Diese Diskussion zog sich auch durch den Abend, während die einen Mahameeds Idealismus und Mut bewunderten, charakterisierten die anderen ihn als zumindest naiv, wenn nicht gar berechnend, denn im Grunde ginge es ihm nur um die Rechte der Palästinenser.
Harvey Stein zog sich dabei offenbar bewußt auf die Rolle des Beobachters und Zuhörers zurück. Er outete sich als stiller Bewunderer eines „Wanderers zwischen den Welten“, der – orientiert an der Gewaltlosigkeit Mahatma Gandhis – so von seiner Idee überzeugt ist, dass er sogar in Kauf nimmt, dass sich Teile seiner Familie von ihm abwandten. Mahameed ist für Stein vor allem ein Philosoph, sicher kein Politiker, der sich als „Twister“ in beide Seiten hineinzuversetzen mag. Und so fand die Diskussion auch eher zwischen den Gästen als mit dem Gast des Abends statt.
“Heart of the Other focuses on the courageous and controversial activism of Khaled Mahameed, a Palestinian man who opened the first Holocaust museum in the Arab world. Mahameed believes that acknowledging the Holocaust has the power to create understanding and compassion between Jews and Arabs. In “Heart of the Other” we follow Mahameed as he lectures in his museum, as well as in refugee camps and villages in the West Bank.”
Harvey Stein, Israeli-American filmmaker
Wir danken der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen, die uns für diese Veranstaltung ihre West-Lounge zur Verfügung gestellt hatte.