Am 04. März 2021 sprach Ahmad Mansour als Teil der Veranstaltungsreihe „Israel und die Wahlen“ bei einer Online-Veranstaltung der DIG Berlin und Brandenburg e.V. zum Thema „Arabische Israelis – Ihre Stellung in der Gesellschaft und ihre Einstellungen zum Staat“.
Den Zusammenschnitt der Veranstaltung finden Sie hier:
In Israel ist der Wahlkampf in vollem Gange. Zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren werden die Wähler zur Urne gerufen. Jüdische Parteien werben offensiver als je zuvor um die Stimmen der arabischen Minderheit.
Über diese arabische Minderheit und ihre Stellung im und zum jüdischen Staat herrscht in Europa viel Unkenntnis. Der Vorwurf „Apartheid-Staat“ macht die Runde.
Arabische Israelis machen über 20 Prozent der Bevölkerung aus und sind gleichberechtigte Staatsbürger, arbeiten als Ärzte, Richter, Lehrer, Bürgermeister, ihnen steht der Weg in die Armee offen. Nach einer Umfrage des Instituts für Jüdische Politik (JPPI) aus dem Jahr 2020 definiert sich die große Mehrheit als arabisch-israelisch, nur 7 % bezeichnen sich als Palästinenser.
Doch trotz der rechtlichen Gleichstellung sehen sich viele sozial und politisch benachteiligt. Sie beklagen mangelnde Bildungsmöglichkeiten, schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt und zu wenig staatlichen Einsatz, um die extrem hohe Gewaltkriminalität in arabischen Wohngebieten zu bekämpfen. Das vor drei Jahren verabschiedete Nationalstaatsgesetz, das Israel als ‚nationale Heimstätte des jüdischen Volkes‘ festschreibt, verstärkte das Gefühl der Ausgrenzung. Hinzu kommt, dass sich viele arabische Bürger von ihren eigenen politischen Repräsentanten im Stich gelassen fühlen. „Kein Abgeordneter in der Knesset setzt sich für uns ein. Der Einzige, der uns hilft, ist Gott“, so gibt ein arabischer Bürger die verbreitete Stimmung bei der Wählerschaft wieder.
Studien zufolge sind die meisten arabischen Israelis nicht stolz auf ihre Staatsbürgerschaft und wären nicht bereit zu kämpfen, um den Staat zu verteidigen. Im Kontrast dazu steht der hohe Anteil von arabischen Bürgern, die lieber in Israel leben als in einem arabischen Land.
Über diese Fragen führten wir mit Ahmad Mansour ein Gespräch.
Ahmad Mansour wurde 1976 als Sohn arabisch-muslimischer Eltern in der arabischen Stadt Tira nordöstlich von Tel Aviv geboren. Während seiner Schulzeit kam er in Kontakt mit dem fundamentalistischen Islam, von dem er sich während seines Psychologiestudiums in Tel Aviv löste. Nachdem er einen Anschlag miterlebt hatte, ging er 2004 nach Deutschland und hat die israelische und deutsche Staatsbürgerschaft. Heute arbeitet Ahmad Mansour als Psychologe daran, die Radikalisierung junger Muslime zu verhindern. Er engagiert sich gegen Antisemitismus und religiösen Hass und veröffentlichte dazu mehrere Bücher. Ob im Internet, in Zeitungen oder Talkshows – Mansour scheut keine Auseinandersetzung zum Thema. Für seine Arbeit erhielt Mansour zahlreiche Auszeichnungen.